Slalom-Kanuten ziehen im Olympischen Dorf ein

Für die Slalom-Kanuten des DKV beginnt am Sonntag die „Expedition Olympia“. Als einer der ersten Mannschaftsteile der deutschen Olympiamannschaft werden die Wildwasserpaddler am Montag in das Olympische Dorf in Rio de Janeiro einziehen.

Wenn Melanie Pfeifer, Hannes Aigner, Sideris Tasiadis (alle Augsburg) sowie Franz Anton und Jan Benzien (beide Leipzig) am Sonntag den Flieger Richtung Zuckerhut besteigen, macht sich beinahe schon Routine breit. Denn schon zum fünften Mal in diesem Jahr heißt das Reiseziel Brasilien. Diesmal allerdings wird es ernst. „Seit unserer nationalen Olympiaqualifikation haben wir mit unseren Athleten insgesamt vier Trainingslehrgänge auf der Olympiaanlage in Rio de Janeiro absolviert.

Dabei waren vor allem die Rahmenbedingungen oft nicht einfach. Das Training wurde aber konzentriert genutzt und alle haben mit dem Ziel Olympia vor Augen sehr gut trainiert. Dass die Leistungen bei den im Vorfeld genutzten Weltcupstarts noch nicht für Podestplatzierungen reichten, ist nicht so schlimm und war einkalkuliert. Alle Planungen sind auf den jetzigen absoluten Höhepunkt in der Karriere eines Sportlers ausgerichtet“, erklärt DKV-Cheftrainer Michael Trummer. 

„Wir werden am Montag als eine der ersten Mannschaften in das Olympische Dorf einziehen“, ist auch unter den Trainern schon gespannte Vorfreude zu registrieren. „Bis zum Beginn der Wettkämpfe gilt es, die Bedingungen vor Ort kennenzulernen, das Training zum Feinschliff zu nutzen und dann hoffen wir, dass alle Athleten auf den Punkt fit sind. Unser Team ist international erfahren und auch erfolgreich. Es sollte also ein realistisches Ziel sein, die sehr hohe Zielstellung des DOSB von zwei Medaillen auch zu erfüllen“, sieht Michael Trummer dem Beginn der Rennen am 7. August optimistisch entgegen, „trotzdem ist natürlich bei der aktuell hohen internationalen Leistungsdichte nicht immer alles planbar und vorhersehbar. Ich wünsche unseren Athleten vor allem, dass sie jetzt gesund bleiben und dann ihre besten Leistungen abrufen können.“

Herren Kajak-Einer

Der Augsburger Hannes Aigner erlebt in Rio bereits seine zweiten Olympischen Spiele und nennt olympisches Edelmetall bereits sein Eigen: Der Kajakspezialist konnte 2012 Bronze aus London mit nach Hause nehmen. „Olympia ist für mich das sportliche Highlight meiner sportlichen Karriere. Ich habe die letzten vier Jahre sehr hart dafür gearbeitet und bin glücklich, dass ich dieses Ziel erreicht habe“, sagt der heute 27-Jährige. „Ich habe sehr gute Konkurrenten und um eine Medaille zu holen, muss alles sitzen. Ich bin aber gut vorbereitet und zuversichtlich, dass ich es schaffe, mein Bestes zu geben“, beschreibt der Augsburger, der bei den Europameisterschaften Mitte Mai mit Bronze in der traditionell am härtesten umkämpften Kategorie seine Weltklasse erneut unter Beweis stellte, die aktuelle Verfassung.

Der Kurs in Deodoro wird gerade für die Kajak-Herren zur Herausforderung: „Die Strecke ist zwar nicht so wuchtig wie die Olympiastrecke von London, aber technisch trotzdem sehr anspruchsvoll. Es ist nicht leicht, dort schnell zu fahren, weil auf der Strecke ein riskanter Fahrstil gefordert ist“, schildert Hannes Aigner, für den über zehn Fahrer als Medaillenkandidaten in Frage kommen – er selbst eingeschlossen. Weltmeister Jiri Prskavec (Tschechien) und den 32-jährigen Ex-Weltmeister Peter Kauzer (Slowenien) hat er ganz oben auf der Rechnung.

Insgesamt starten in der Qualifikation dieser Kategorie am 7. August Fahrer aus 21 Nationen, davon qualifizieren sich 15 fürs Halbfinale, zehn werden im Finale (beides am 10. August) den Kampf um die Medaillen in Angriff nehmen.

Herren Canadier-Einer

Die Ausgangssituation für Sideris Tasiadis ist ähnlich: Auch er hat Olympia in der britischen Hauptstadt schon erleben und auch genießen können, im Canadier-Einer gewann der Augsburger vor vier Jahren Silber. An Faszination haben die Spiele deswegen trotzdem nicht verloren: „Olympia ist der Traum jedes Sportlers und für mich natürlich auch“, sagt der 26-Jährige der in den vergangenen Jahren vor allem eines weiter sammelte: Silber! Fünf Medaillen dieser Art gewann Sideris Tasiadis nach London in den Einzel- und Teamkonkurrenzen der Jahreshöhepunkte bei Europa- und Weltmeisterschaften.

15 Konkurrenten hat er am 7. August auf dem Weg, sich in Rio erneut einen Traum zu erfüllen: „Mein Ziel ist es, ein gutes Gefühl im Wettkampf zu finden und dann natürlich ins Finale zu fahren, um eine weitere Medaille zu greifen. Ich gehe so locker wie möglich an den Wettkampf heran.“

Zwölf Canadier-Einer-Fahrer qualifizieren sich für das Semifinale am 9. August, zehn ziehen in die Finalrunde weiter. „Ich glaube, jeder der bei Olympia am Start ist, ist fit. Es wird einen großen Kampf um die Medaillen geben“, kann Sideris Tasiadis keine besonderen Favoriten in der Konkurrenz ausmachen.

Und auch über sein Verhältnis zum Olympiakurs hat er wie gewohnt nicht allzu viele Worte übrig: „Die Strecke ist in Ordnung. Und wenn es mal läuft, macht es auch mächtig Spaß, da zu fahren.“ Möge er viel Spaß haben.

Damen Kajak-Einer

„Für mich bedeutet Olympia in Rio sehr viel. Ein Traum der wahr wird, wo sehr viel Fleiß und Arbeit dahintersteckt“, sagt Melanie Pfeifer, die deutsche Starterin im Kajak-Einer. „Nun kommt die Belohnung: den Traum tatsächlich leben zu dürfen“, beschreibt die 29-Jährige ihre Gefühlslage vor dem Beginn der Spiele.

Die Augsburgerin war in den vergangenen Jahren, immer wenn der Jahreshöhepunkt nahte, die Verlässlichkeit in Person. EM-Silber 2014, WM-Bronze 2014 und 2015, in diesem Frühjahr in der Slowakei nun der erste große Titel als Europameisterin im Einzel. „Die meiste Arbeit ist getan“, sieht sie sich für Rio gerüstet, „ich habe mit meinem Trainer Stefan Henze sehr hart trainiert, wir sind an meine körperlichen Grenzen gegangen. Nun versuche ich in den nächsten Wochen alles entspannt zu sehen, mich körperlich nicht mehr zu verausgaben und viel Freude am Paddeln zu haben. Mein Ziel ist meine Leistung abzurufen und mit einem Lächeln ins Ziel zu fahren“, nimmt sie sich vor.

Als durchaus „kniffelig“ schätzt sie den Kurs in Deodoro ein, er ist „sehr eng, hat viele kleine Wellen und ist technisch sehr anspruchsvoll. Wie im Kajak-Einer der Herren starten auch bei den Damen 21 Fahrerinnen in die Qualifikation (8. August), 15 erreichen das Semifinale, zehn stehen in der Entscheidung am 11. August. Eine erwartet Melanie Pfeifer da wieder besonders stark: „Jessica Fox hat bislang eine besonders gute Saison geliefert.“ Die australische Olympiazweite von London holte kürzlich bei der U23-WM die Titel im Kajak- und Canadier-Einer. Auf der Liste hat sie aber auch Jana Dukatova (Slowakei), die Österreicherin Corinna Kuhnle, Spaniens Maialen Chourraut. Die amtierende Weltmeisterin Katerina Kudejova (Tschechien) zählt genauso zum Favoritenkreis wie die junge Brasilianerin Ana Satila. Und ganz sicher auch Melanie Pfeifer.

Herren Canadier-Zweier

Als amtierende Weltmeister gehen Franz Anton und Jan Benzien in die wohl überhaupt letzte olympische Konkurrenz im Canadier-Zweier. Die Kategorie wird im olympischen Programm künftig dem Canadier-Einer der Damen weichen müssen.

Hintermann Jan Benzien erlebte Olympia schon 2008 in Peking – im Canadier-Einer wurde er Zwölfter. „Alles ist nicht mehr ganz so aufregend“, findet er nun, „aber als Weltmeister macht man sich sportlich viel Druck und den spürt man auch von außen“, gibt der 34-jährige Routinier zu. Sein acht Jahre jüngerer Zweierpartner freut sich dagegen auf die Olympiapremiere „mit brasilianischem Charme“, nimmt sich aber vor „genauso wie bei einer Welt- oder Europameisterschaft ganz normal meinem üblichen Ablauf zu folgen.“

Auch in dieser Kategorie stehen letztlich zehn Boote im Finale (11. August), in den beiden Runden zuvor muss aber jeweils nur ein einziges Boot die Segel streichen. „Die Finalisten können am Ende alle auch eine Medaille holen“, glaubt Jan Benzien, „alle haben ähnlich trainiert. Der Nervenstärkste gewinnt, und daher versuche ich, mich nicht zu heiß zu machen. Wobei Wunsch und Ziel definitiv eine Medaille sind!“ Auch Franz Anton sieht „fast ganz Europa“ unter den Favoriten, also „Franzosen und Briten, die Polen, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Russland“. Für eine Medaille wird sich der Leipziger hart ins Zeug legen: „Auf diesem Kurs muss man selbst für die Geschwindigkeit sorgen und kann nicht das Wasser nutzen.“ „Das Wildwasser ist nicht so schwer“, findet auch Jan Benzien, „dafür wird die Strecke wohl schwer gehängt werden und die Ergebnisse werden ganz eng sein!“ 

Ausführliche Profile aller deutschen Olympiastarter finden Sie auf der Team-Website.

Olympia-Zeitplan (alle Zeiten Ortszeit (MESZ-5))

Sonntag, 7. August 2016

12:30 – 13:12 Qualifikation Herren Canadier-Einer, 1. Lauf (16 Boote)
13:20 – 14:14 Qualifikation Herren Kajak-Einer, 1. Lauf (21 Boote)
14:30 – 15:12 Qualifikation Herren Canadier-Einer, 2. Lauf
15:20 – 16:14 Qualifikation Herren Kajak-Einer, 2. Lauf

Montag, 8. August 2016

12:30 – 13:02 Qualifikation Herren Canadier-Zweier, 1. Lauf (12 Boote)
13:10 – 14:04 Qualifikation Damen Kajak-Einer, 1. Lauf (21 Boote)
14:20 – 14:52 Qualifikation Herren Canadier-Zweier, 2. Lauf
15:00 – 15:54 Qualifikation Damen Kajak-Einer, 2. Lauf

Dienstag, 9. August 2016

13:30 – 14:08 Halbfinale Herren Canadier-Einer (12 Boote)
15:10 – 15:42 Finale Herren Canadier-Einer (10 Boote)

Mittwoch, 10. August 2016

13:30 – 14:17 Halbfinale Herren Kajak-Einer (15 Boote)
15:15 – 15:47 Finale Herren Kajak-Einer (10 Boote)

Donnerstag, 11. August 2016

12:30 – 13:05 Halbfinale Herren Canadier-Zweier (11 Boote)
13:15 – 14:02 Halbfinale Damen Kajak-Einer (15 Boote)
14:15 – 14:47 Finale Herren Canadier-Zweier (10 Boote)
15:00 – 15:32 Finale Damen Kajak-Einer (10 Boote)

Jens A. Meyer

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