Trainer C-Fortbildung "Sicherheit" auf dem Staffelsee

Große Birke. Um ins Paradies zu gelangen, ist Anstrengung notwendig. Bis zu sechs Stunden Anfahrt bei enormer Hitze und Wochenend- bzw. Ferienverkehr, Parkplatzsuche in Murnau, Boote abladen, Gepäck und Verpflegung verstauen, dann ab auf den See und drei Kilometer bis zur BKV-Insel Große Birke paddeln. Kanut*innen aus Oberbayern, Schwaben, vom Untermain und aus Wien, sieben Männer und eine Frau waren freitags angereist.

Die Große Birke belohnte alle Mühen. Ein paradiesisches Eiland. Seerosenfelder in voller Blüte säumten die Ufer, am Horizont das Bergpanorama, kräuterreiche Wiesen, Schatten spendende Bäume, einige wenige Zelte und Ruhe, unglaubliche Ruhe. Nachts der Sternenhimmel.

Optimaler Start

Einfachheit sind Kanuten gewohnt, auf der Insel viel Natur, Klohäuschen, Wasserpumpe, Erdkeller, das ist alles. Nach Zeltaufbau, Boots- und Ausrüstungsvorbereitung für den nächsten Tag den Kocher vors Zelt, Brotzeit. Jed e/r war für seine Verpflegung und Trinkwasserversorgung selbst zuständig. Zwangloses Kennenlernen am Abend. Die Nacht angenehm, bei Weitem nicht so heiß wie im übrigen Land, erholsam.

Samstagfrüh: im See schwimmen, die Dusche wird nicht vermisst, optimaler Start in den Tag. Frühstücksbrötchen holen wir im drei Kilometer entfernten Seehausen.

Die Ausbilder Kathrin Birndorfer, Markus Amman und der Lehrgangsleiter Stefan Andreas Schmidt luden nach der Stärkung zur Vorstellungsrunde und einer Theorieeinheit. Zur Vorbereitung hatte bereits am Dienstag das Onlineseminar „Sicherheit bei der Befahrung von Großgewässern, eine Einführung“ stattgefunden. Bei den Teilnehmer*innen ist große Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, spürbar.

Grad-Zahlen und Kilometer

Erfahrung und Ausbildungsstand sind natürlich unterschiedlich. Während Sportfreunde berichten, dass sie seit ihrer Kindheit im Boot sitzen, auf allen Gewässerarten zu Hause sind und selbstverständlich die Rolle beherrschen, sind andere seit 15 Jahren auf Flüssen und Seen unterwegs oder haben erst vor einem Jahr mit dem Kanusport begonnen. Alle aber sind hinsichtlich des Bootsmaterials und der Ausrüstung bestens vorbereitet.

Ausrüstung, das korrekte Beladen von Booten und die genaue Vorbereitung von Fahrten sind Themen der morgendlichen Besprechung. Und dann: Navigation. Kathrin, Stefan und Markus lehrten uns einen Kurs auf der Karte des Staffelsees abzustecken und ihn mit Hilfe von Kompass, Planzeiger und Geodreieck zu berechnen, schließlich die Grad-Zahlen, Kilometer und die voraussichtliche Fahrzeit für die einzelnen Streckenabschnitte zu kalkulieren.

Ob der Wiedereinstieg gelingt?

Die erste Übungsfahrt fand auf dieser Grundlage statt. Abwechselnd hatten die Teilnehmer*innen die Seemannschaft nach Plan zu führen. Ein auf dem Boot fixierter Kompass ist dabei unverzichtbar. Es stellte sich heraus, dass die Berechnung der Gradzahlen des Kurses und der Fahrtkilometer recht exakt waren, die veranschlagten Fahrzeiten blieben allerdings korrekturbedürftig.

Alle erreichten das Pausenziel, den Biergarten auf der Insel Buchau. Stärkung für den Tageshöhepunkt am Nachmittag: Kenterung und Wiedereinstieg. Kentern sicher, aber ob der Wiedereinstieg gelingt? Unweit des rettenden Ufers der Großen Birke Demonstration des Vorgangs durch die Ausbilder, da sah das gar nicht mehr so dramatisch aus.

Bäuchlings

Jetzt Zweiergruppen. Eine/r kentert, der oder die Zweite fährt zu ihm hin, quer zum kieloben liegenden Boot. Der Gekenterte klammert sich mit Armen und Beinen an den Bug des Helferbootes, als Treibanker sozusagen, um dessen Boot zu stabilisieren. Der Helfer führt jetzt die T-Lenzung des gekenterten Bootes durch, Wasser raus und schwuppdiwupp das Boot umgedreht.

Nun der Wiedereinstieg. Die Boote parallel legen, Bug zu Heck. Der/die Schwimmende greift über sein Boot die Rundumleine des „Rettungsbootes“, während der Retter mit seinem ganzen Gewicht unter Aufkanten seines Bootes, das zweite Kajak in dessen Rundumleine greifend, stabilisiert. Der/die Schwimmende schwingt nun ein Bein in die Sitzluke und schafft sich bäuchlings, zum Heck seines Bootes schauend, auf sein Kajak.

Boote mitschleppend

Zuletzt eine Drehung, vom Helfer abgewandt, und rein in die Luke mit Beinen und Hinterteil. Während der ganzen Prozedur stabilisiert der Helfer das Einstiegsboot. Geschafft! Sämtlichen Teilnehmer*innen gelingt der Wiedereinstieg. Großartig!

Zu guter Letzt eine weitere, überzeugende Übung: Wir fahren etwa 200 Meter raus auf den See, kentern und schwimmen alle, unsere Boote mitschleppend oder schiebend, zum Ufer. Wie weit 200 Meter sein können! Eines wird klar: Bei einer Kenterung auf offenem Gewässer sind Wiedereinstieg oder Kenterrolle rettend.

In V-Formation

Sonntag, der letzte Lehrgangstag. Er beginnt mit Materialkunde, insbesondere was Boots- Sicherheits- und Rettungsmaterial anlangt. Schwerpunkt der Ausbildungsfahrt Nr. 3 ist das Schleppen von Booten. Dies wird dann notwendig, wenn ein/e Paddler*in schwach wird oder gar verletzt ist.

Beim Schleppen kommt eine spezielle Schleppleine zum Einsatz, die per Bauchgurt, leicht lösbar, am Schleppenden und mit einem Karabiner am Bug des zu schleppenden Bootes fixiert wird. Es lässt sich auch ein Boot durch zwei „Schlepper“ in V-Formation gut fortbewegen.

… die einfach stimmte

Das Schleppen geht ohne übermäßigen Kraftaufwand, wenn der Geschwächte noch mitpaddeln kann. Mit voll beladenen Booten übten wir am Nachmittag auf der Fahrt zur Aussetzstelle in Seehausen das Reihenschleppen mit fünf Booten hintereinander. Beim Reihenschleppen wurde auch ein Boot mit einem Nicht mehr Paddeln-Könnenden gezogen. Dabei ist allerdings mindestens ein Sicherungsboot neben dem Boot des Zu-Bergenden notwendig, besser wären zwei.

Frau, Mann und Maus gelangten sicher nach Seehausen und Murnau. Stolz und zufrieden konnten wir uns am Ende in Seehausens „Stern“ laben.

Resümee: Ein absolut nützlicher, ja überlebensnotwendiger Lehrgang unter äußerst kompetenter Anleitung und in einer Seemannschaft, die einfach stimmte. Tausend Dank an Kathrin, Stefan und Markus! Ahoi den teilnehmenden Sportfreund*innen!

Text : Albrecht Sylla / Fotos: Albrecht Sylla, Stefan Andreas Schmidt

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