SUP-Trainer-Fortbildung mit durchschlagendem Erfolg

Oberschleißheim. Angstschreie hallten über das Wasser, als die Teilnehmer an der Trainer C-Fortbildung SUP (Stand Up Paddling) des Bayerischen Kanu-Verbandes auf den Boards das Paddeln übten. Aber nicht die Lehrgangsteilnehmer schrien so laut (höchstens vor Vergnügen), sondern die Damen und Herren, die sich wagemutig von der Bungee-Jumping-Plattform stürzten, störten so abrupt die friedliche Stille über dem See.

Es war der Lehrgang, auf den die Trainer gewartet hatten – es war ihnen nur vorher noch nicht bewusst gewesen. Ganz im Gegenteil: Die Mehrheit war mit größerer Skepsis angereist. Sie nutzte halt die Chance, etwas Neues dazuzulernen und gleichzeitig dabei die Lizenz zu verlängern. Die Fortbildung zum Thema SUP sei ein guter Grund gewesen, „es endlich auszuprobieren“ und „einmal über den Tellerrand hinauszuschauen, nicht nur abzulästern“, meinten sie.

Schnell um die eigene Achse

BKV-Ressortleiter SUP, Christoph Brückner, wünschte zwar am Morgen, dass der Virus SUP hier weiter um sich greifen möge, aber mit diesem durchschlagenden Erfolg hatte wohl er selbst kaum gerechnet! Hoch konzentriert, übervorsichtig und mit bierernsten, zweifelnden Gesichtern gingen die Aspiranten am Samstagmittag auf das Wasser – mit Neopren- und Trockenanzügen gegen Brückners Vorhersage: „Glaubt mir, es wird nass werden! Sehr nass!!!“ gewappnet. Keine zwei Stunden später kehrten sie an die Bootsstege zurück: (fast alle) gelöst und strahlend über das ganze Gesicht!

Sie schnappten sich ein anderes Board: kürzer und weniger oder breiter oder länger oder härter oder weicher … Und sie probierten sich aus: Auf dem Board nach hinten gehen, damit es vorne aus dem Wasser steigt und mit Übergrifftechnik schnell um die eigene Achse gedreht werden kann. Sie versuchten, auf einem Bein zu stehen oder einen Kopfstand zu machen – Yoga ist schließlich „in“, und man will wissen, wie weit man gehen kann. Bis zur Kenterung natürlich, aber es war ja auch kein Problem, schnell wieder auf das Board zu kommen.

Das Board als Rettungsinsel

Auch der Sonntagvormittag galt der Praxis: Rettungstechniken standen auf dem Programm. Dabei wurde es nass, sehr nass – und das nicht einmal mehr von oben! Ein SUP-Board ist kein Kajak. Aber man kann das Board als „Rettungsinsel“ verwenden und mit etwas Knowhow den Gekenterten auf das Brett ziehen. Man muss nur aufpassen, dass man das Board zur richtigen Seite umkippt – sonst könnte aus dem Retten ganz schnell ein Bergen werden …

Wie schleppt man ein Board ab? Da bieten sich mehrere Möglichkeiten an: Man stellt sich mit je einem Bein auf die beiden Boards – oder man zieht das andere Board hinter sich her. Mit WW-Schwimmweste und Cowtail ist das kein Problem.

Die Entenlochklamm paddeln

Wieder und wieder übten die Neu-SUPler die schnelle Drehung und das enge Umfahren einer großen aufblasbaren Boje, wie sie bei SUP-Rennen verwendet wird. Und zu alledem hatten die Paddler ganz einfach Freude am neu erlernten Sport und genossen sichtlich den ihnen bisher in dieser Form unbekannten Geschwindigkeitsrausch.

Einer der Teilnehmer sprach auch gleich seinen Vereinsvorsitzenden an, der am Ufer zuschaute: „Ich hätte da einen Antrag für die nächste Sitzung …“ Dem Vorsitzenden schwante Schlimmes … „Und mit dem SUP-Board will ich dann die Entenlochklamm paddeln!“ – Die Entenlochklamm hatte Peter Rygus wärmstens als Übungs-Wildwasser empfohlen.

Mit dem Virus infiziert

Die Referenten Christoph Brückner, Peter Rygus (BKV-Lehrteam) und Jannis Siede (Hessischer Kanu-Verband) taten sich schwer, ihre Paddler vom Wasser zu bekommen. Sie hatten Feuer gefangen, jede Skepsis war verflogen. Der Virus hatte zugeschlagen! Bei der Abschlussbesprechung freute sich ein Teilnehmer (er war nicht der einzige): „… und jetzt fahr ich mit einem Board heim!“ Die Möglichkeit dazu bot Wolfgang Schuhmacher vom Surf- und Sportshop Schumacher in Nürtingen, der mit einer ganzen Wagenladung unterschiedlicher Boards den Lehrgang persönlich unterstützt hatte.

Die Referenten verstanden es, ihre eigene Begeisterung für den SUP-Sport weiterzugeben: Christoph Brückner ist C-Trainer Kanurennsport, seit 2012 hat er eine SUP-Trainingsgruppe in seinem Heimatverein DJK Schweinfurt aufgebaut mit erstaunlicherweise mehr Damen als Herren. Peter Rygus hatte sich bei seiner letzten Kanulehrer-Fortbildung mit dem SUP-Virus infiziert. Auf „Bächen“ fühlt er sich mit dem SUP noch wohler, arbeitet sich aber langsam ans Wildwasser heran.

Ein Board kann platzen

Ergänzend zu den praktischen Übungen erklärte Referent Brückner die Leash (Leine), die es ermöglicht, das Board bei einer Kenterung schnell zurückzuholen. Die Leash kann am Fußknöchel, am Oberschenkel oder an der Hüfte befestigt werden. Im Wildwasser hat es sich bewährt, sie am Cowtail einzuhaken. So kann man sich im Notfall schnell von der Leine und dem Board befreien.

Zur Schutzausrüstung gehören nicht nur Sonnenhut und Sonnenbrille (auf Zahmwasser), sondern im Wildwasser auch die übliche Ausrüstung, wie man sie zum Kajakfahren benötigt. Wichtig sind griffige Schuhe, die einem auf dem Board sicheren Halt geben. Und gut zu wissen, dass ein aufblasbares Board, das in der Sonne liegt, platzen kann. Je nach Qualität kann das mehr oder weniger schnell gehen.

Körperspannung ist wichtig

Für den Leistungssport, Touring (Flachwasser) und Wildwasser gibt es jeweils unterschiedliche Boards und auch verschiedene Finnen. Auch die Fahrtechniken weichen je nach Zweck bzw. Wasser voneinander ab. Während man auf einem See ruhig auf dem Board stehen bleibt, empfiehlt es sich zum leichteren Steuern im Wildwasser, hin- und herzulaufen. Auch durch Gewichtverlagerung lässt sich gut kanten und drehen. Beim Kehrwasser fahren ist eine gute Körperspannung wichtig.

Die weiteren Ausbildungsmöglichkeiten im Stand Up Paddling ergänzten die Theorie. Die Ausbildung zum DKV-SUP-Instructor dauert 2 Wochenenden. Für Inhaber einer gültigen Kanu Trainerlizenz dauert es nur ein Wochenende. Kurse finden unter anderem regelmäßig in Frankfurt statt.

Mit SUP-Aktivitäten an die Öffentlichkeit gehen

Brückner gab zu, dem Stand Up Paddling anfangs selbst sehr skeptisch begegnet zu sein. Ursprünglich hatte er diesem Trendsport gerade mal drei Jahre gegeben, aber der Trend ist ungebrochen. Er sieht die Chance darin, Sportler im mittleren Lebensalter – zwischen Anfang 20 und Ende 30 – für den Verein zu gewinnen. Der Verein erweitert sein Angebot an Aktivitäten und fängt auch Spätberufene mit einem Discounter-SUP ein, an die er sein Fachwissen über Paddeltechnik, aber auch zu Sicherheit und Naturbewusstsein weitergibt. Nicht angepasstes Verhalten auf dem Wasser ist das, was dem Sport, dem Verein und dem Verband Ärger bringt und so manche Behörde schon veranlasst hat, ein Gewässer für SUP zu sperren.

„Wir müssen mit diesen Aktivitäten an die Öffentlichkeit gehen“, plädierte er. Das Sportangebot SUP müsse auf der Vereins- und Verbands-Homepage eingetragen werden, um die Kompetenz des Vereins/Verbandes und damit die autorisierte Vertretung in den Ämtern und der Politik zu unterstützen.

Es hat sich gelohnt!

Aus eigener Erfahrung berichteten Lehrgangsteilnehmer, dass Interessenten nach zwei oder drei Trainings meinten, genug gelernt zu haben und dem Verein fernblieben. Dem stehen andere Erfahrungen dagegen: Wenn man nach einem Schnupperkurs ein weiterführendes Programm anbietet, immer wieder etwas anderes unternimmt − auch im Winter −, kommt die Gruppen-Dynamik von selbst und die SUP-Paddler lassen sich wortwörtlich „spielend“ in den Verein integrieren.

Der Erfolg dieser Trainer-Fortbildung hatte auch Lehrgangsleiter Oliver Bungers überrascht: Seit 1989 ist er in der Übungsleiter-Aus- und Fortbildung tätig, einen so gut besuchten Lehrgang gab es noch nie! 19 Teilnehmer vom tiefsten Süden bis zum nordwestlichsten Franken, und er musste sogar Absagen schreiben! Am Ende freute sich Bungers über die erworbene Begeisterung seiner Teilnehmer: „Es hat sich gelohnt − der Lehrgang war sehr gewinnbringend!“

Von Fachleuten gelernt

Bei der Abschlussbesprechung zeigte sich auch der Humor derer, die vor diesem Wochenende noch nie auf einem SUP-Board gestanden waren und deren Elan nicht mehr ganz jugendliche Knochen und Gelenke Grenzen gesetzt hatten: „Ich hab jetzt erstmal das Zittern aus den Knien bekommen – und das Lächeln lerne ich schon auch noch!“ oder: „Ums Überleben kämpft man immer, wenn man auf einem Board steht. Aber hier habe ich‘s von Fachleuten gelernt!“

Die Möglichkeit zum Hineinschnuppern sowie verschiedene SUP-Boards auszuprobieren bietet das Kanu- & OutdoorTestival am 1./2. Juni 2019. Hier wird nicht nur Wolfgang Schuhmacher die ganze Bandbreite seines Sortiments mitbringen, sondern noch weitere Händler werden hier vertreten.

Uschi Zimmermann

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