Eindrücke für die Ewigkeit - TV-Studio-Tour

Slalomkanute Sideris Tasiadis konnte sich seinen Traum von Olympia-Gold im Canadier und damit den kompletten olympischen Medaillensatz in Paris nicht erfüllen. Holz statt Gold wurde es bei den vierten Sommerspielen des 34-Jährigen.

„Ich glaube mein Trainer war mehr enttäuscht als ich“, sagt der Augsburger Kanu-Schwabe. Und so konnte er die anschließende Tour durch die TV-Studios im nächtlichen Paris auch genießen. Doch bevor es mit dem Shuttle vom Wildwasserstadion in Vaires-sur-Marne Richtung Eurosport-Studio ging, musste Tasiadis noch schnell einem griechischen Journalisten Rede und Antwort stehen. Gute beherrsche er die Sprache nicht mehr, meint er lachend, „aber es wird schon reichen.“

Und dann ging es los. Während der etwa einstündigen Fahrt in das Fünf-Sterne-Hotel Raphael, wo Eurosport während der Spiele residiert, erzählt Tasiadis über das Olympische Dorf, über das harte Training und vor allem die vergangenen schweren drei Jahre.

So habe er, der leidenschaftlich gern einmal ein Bierchen trinkt, seit der nationalen Qualifikation Ende April diesen Jahres komplett darauf verzichtet. „Heute werde ich im Deutschen Haus mein erstes wieder trinken. Auf keinen Fall mehr“, das würde ihn sonst umhauen. Überhaupt, seit Tokio 2021 gab es für den Augsburger keine Zeit zum Verschnaufen. Denn anders als sonst fehlte das so wichtige Jahr nach den Spielen, in dem üblicherweise die Athleten ein bisschen im Training zurückfahren können. „Ich musste bis heute durchballern.“

Denn die Heim-WM auf dem Eiskanal in Augsburg stand an. Den Weltmeistertitel wollte sich der Lokalmatador natürlich holen – was ihm auch sensationell gelungen war. 2023 galt es, den Quotenplatz für Deutschland zu holen. Geschafft. Und dann die harte nationale Qualifikation für Olympia. Jahre, die ihren Tribut gefordert haben. Rücken, Knie, Beine – überall spürt er die hohen Belastungen. Deshalb ist für ihn die Saison nun beendet, „bis etwa November mache ich jetzt nichts mehr.“

Wie lange er sich noch in sein Canadierboot setzen wird, könne er aktuell noch nicht sagen. Die fünften Spiele sind wahrscheinlich illusorisch. „Vielleicht mache ich noch zwei Jahre weiter. Aber, so betont er, das kommt auch auf verschiedene äußere Umstände an.“

Die Spiele in Paris, seinen vierten Start, hat der Routinier genossen. Auch wenn die Betten im Olympischen Dorf brutal hart sind, „da kannst du gleich auf dem Boden schlafen“, erzählt er. So wird sich nicht nur sein Rücken, sondern auch sein Zimmerkamerad Stefan Hengst freuen, wenn er nun auszieht. Denn Letzterer hat noch seine Wettkämpfe vor sich – und Tasiadis will natürlich feiern.

Das Essen im Dorf sei okay, meint er, wobei es in Tokio fantastisch gewesen sei. „Wenn du Nudeln hier essen willst, stehst du 20 Minuten an. Und dann sind sie auch verkocht.“ Es gebe zwar auch einen Sternekoch im Dorf, aber die Portionen seien für Sportler viel zu klein, erzählt er schmunzelnd.

Seine Mission Olympia ist nun beendet – auch als Olympia-Erfahrener und damit eine Art Leitfigur für das Team. Viele Tipps habe er gegeben. Wie sollte man sich zum Beispiel auf den Wettkampf bei Olympia vorbereiten? Vor allem auch auf die Kulisse mit den riesigen Tribünen und der Lautstärke. „Du musst dich vorher mal an den Kanal hocken – und auch die Augen schließen und das auf dich wirken lassen, um zu wissen, was auf dich zukommt.“

Am Dienstag werde er nun zu seiner Frau Denise ins Disneyland fahren, die dort übernachtet, erzählt er. Und dann werde er mit ihr und ihren Eltern einen schönen Tag in Paris verbringen, den alle im Deutschen Haus am Abend ausklingen lassen wollen.

Toller Empfang bei Eurosport

Ankunft beim Eurosport-Studio. Tasiadis wird gleich am Shuttle herzlich willkommen geheißen. Wow, was für ein Hotel, wo sich der Sender niedergelassen hat! Das 1925 erbaute Raphael ist ein beeindruckendes Steingebäude mit einer kunstvoll gestalteten Fassade. Es ist nur wenige Meter vom Arc de Triomphe entfernt. Die Innenausstattung allein im Foyer ist beeindruckend. „Hey, Uta, hier sind wir ja völlig falsch gekleidet“, sagt Sideris lachend. T-Shirt, kurze Hosen, Schlappen – so laufen wir durch die kunstvollen Gänge. Schnell ein paar Schnappschüsse, und dann geht es in einen Aufzug – mit Blick auf den Triumphbogen. Er stoppt. Kaum öffnen sich die Türen, wird Tasiadis mit lautem Applaus auf der Terrasse begrüßt. Der Augsburger ist überwältigt. „Ich wurde bei Eurosport herzlich aufgenommen und mir wurde zum vierten Platz gratuliert. Das war eine schöne Geste. Das hätte ich so nicht erwartet. Ich war wirklich überrascht. Ich bin am Anfang gar nicht klargekommen mit allem. Es war echt schön.“

Allein der Ausblick über Paris mit seinen Sehenswürdigkeiten, darunter natürlich der Eiffelturm – all diese Eindrücke müssen erst verarbeitet werden. „Toll, dass du da bist. Möchtest du etwas essen, oder trinken?“ Dann gleich das erste kleine Interview auf der Terrasse. Im Hintergrund das Wahrzeichen von Paris. Kurze Zeit zum Verschnaufen. Ein kurzer Plausch mit Boris Becker. Dann geht es ins Eurosport-Studio. Zum Abschluss noch eine Champagnerflasche als Geschenk.

Wintersport trifft Sommersport

Und schon geht es weiter mit dem Shuttle Richtung ARD-Studio. Zeit, um mit Frau Denise noch einmal schnell per Videoanruf zu sprechen. „Geht’s dir gut?“, möchte er von ihr wissen. Die Hitze an diesem Tag hatte seiner schwangeren Frau ziemlich zugesetzt. Alles gut, erfährt er. Inzwischen ist es fast 22 Uhr und dunkel.

Vor dem Studio am Place d’Alma mit Blick auf den Eiffelturm warten seit Stunden Sportbegeisterte in der Hoffnung, auf Athleten zu treffen. Noch schnell ein paar Selfies, dann geht es ins Studio. Alexander Bommes spricht mit ihm und dann kündigt er als Überraschungsgast Felix Neureuther an. Tasiadis ist begeistert. „Slalomfahrer trifft Slalomfahrer. Der eine im Wasser, der andere auf gefrorenem Wasser“, sagt er lachend. Beide sind sich einig, dass sie die Sportart des anderen lieber nicht ausprobieren wollen. Und dann zeigt Tasiadis auf der TV-Studio-Couch noch, wie ein Canadierfahrer im Boot sitzt. Allein bei diesem Anblick schmerzen Neureuther und Bommes schon die Knie. „Es war echt schön, dass auch noch der Felix vorbeigekommen ist. Das war eine Überraschung.“ Beide haben sich an diesem Abend kennengelernt. „Ihn live mit Handshake zu treffen, war echt schön“, schwärmt Tasiadis. „Das sind solche schönen Momente, die nur bei olympischen Spielen entstehen.“

Ausklingen ließ Sideris Tasiadis die Nacht nach der TV-Tour im Deutschen Haus. Dort warteten auch schon ein paar Freunde geduldig auf ihn, um gemeinsam mit ihm zu feiern.

Text + Fotos: Uta Büttner

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