Heinz Kohring ist tot - ein großer Mann des Kanusports ist von uns gegangen

Er hat viel erlebt, Viele(s) beeinflusst und gelenkt – sein Wissen und seine Erfahrung waren gefragt bis zuletzt. Am 15. Juni 2019 ist Heinz Kohring im Alter von 89 Jahren für immer von uns gegangen. Der Bayerische und der Deutsche Kanu-Verband verlieren mit ihm einen bedeutenden, einen großen Mann des Kanusports. Er war in seiner Aera der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort – und schrieb mit seinem Wissen und Verhandlungsgeschick deutsche Geschichte.

Der Wahl-Bamberger war zeitlebens überaus engagiert. Er forderte und förderte. Er war Vorbild und Mentor für mehr als nur einen jungen Sportler oder Funktionär. Er hatte Weitblick, war offen für Neues und gerne auch mal unbequem. Mehr als einmal eckte er bei Andersdenkenden mit seiner Meinung an. Doch die vertrat er konsequent. Auch noch beim Bayerischen Kanutag 2013 in Dillingen, als er auf eigenen Wunsch aus seiner letzten offiziellen Funktion als Mitglied der Spruch- und Schlichtungskammer ausschied. Dennoch interessierte er sich trotz größter gesundheitlicher Probleme bis zuletzt für das Geschehen im und um den Verband.

„Wer länger als zwölf Jahre im Amt ist, schließt eine ganze Generation von der Führungsarbeit aus“, lautete sein Credo, als er 1995 nach zwölf Jahren im Amt des Vizepräsidenten Leistungssport im Bayerischen Kanu-Verband seinen Hut nahm, um einem Jüngeren Platz zu machen. Doch er verlor nie den Kontakt, weder zur Basis noch in die Verbandsspitze. Mit seinem reichen Erfahrungsschatz stand er weiterhin allen mit Rat und Tat zur Seite, die das wollten. Nicht als „graue Eminenz“, die sichtbar an den Fäden zog, sondern leise, unauffällig und unbemerkt nach außen. Viele enge Freundschaften sind dabei entstanden.

Grundlagen geschaffen

Gleich nachdem sich die Kriegswirren etwas beruhigt hatten, im Alter von 16 Jahren, erlernte der gebürtige Nordrhein-Westfale das Kanufahren (in Wanne-Eickel). Erfolge im Kanurennsport feierte er erst auf regionaler Ebene, dann – in seiner sportlichen Glanzzeit – auch mit 3. und 4. Plätzen bei Deutschen Meisterschaften. Und stellte sich gleich zu Beginn seiner Laufbahn als Sportwart zur Verfügung.

Sein Beruf als Posttechniker verschlug Kohring 1959 nach Bamberg. Damit machte der aktive Rennfahrer verstärkt seinen bayerischen Konkurrenten das Leben schwer. Beim Bamberger Faltboot-Club engagierte er sich bald als Sportwart und in der Vorstandschaft des Vereins. Er lernte so den Leistungssport von der Pike auf kennen, mit all seiner Faszination, aber auch mit allen Sorgen und Nöten, die eine Funktionärstätigkeit auf jeder Ebene mit sich bringt.

Kein Wunder also, dass der Bayerische Kanu-Verband nach ihm rief: Als BKV-Trainer zeichnete er für die Bayernauswahl verantwortlich, von 1966 bis 1975 bekleidete er das Amt des Rennsportwarts (heute Ressortleiter Kanurennsport). Als Lehr- und Schulungswart (heute Ressortleiter Aus- und Fortbildung) von 1975 bis 1983 führte der Bamberger im BKV die Übungsleiter-Ausbildung ein und erstellte eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung, die vom Kultusministerium anerkannt wurde (beim DKV gab es zu jener Zeit noch nichts Adäquates). Damit legte er die Grundlagen für eine zeitgerechte, moderne Ausbildung, auf der das Ressort noch heute aufbaut.

Bleibende Erfolge

Einen persönlichen Glanzpunkt erlebte Heinz Kohring, als er 1972 bei den Olympischen Spielen in München als Kampfrichter zum Einsatz kam. Weitere internationale Kampfrichter-Einsätze, u. a. bei Weltmeisterschaften 1977 in Sofia und 1985 in Duisburg, folgten. Die deutsche Nationalmannschaft begleitete er mehrfach als Delegationsleiter zu Welt- und Europameisterschaften.

1979 (bis 1991) berief der Deutsche Kanu-Verband Heinz Kohring als Vizepräsident Leistungssport in sein Präsidium. Nach dem Fall der Mauer durfte er mithelfen, die Verhandlungen zur Vereinigung von DKV und DKSV (Deutscher Kanu-Sport-Verband der DDR) zu führen. Am 23.9.1990 unterzeichnete er gemeinsam mit dem damaligen DKV-Präsidenten Ulrich Feldhoff den Vereinigungsvertrag. Kohring sah diese Aufgaben ganz bescheiden als Privileg. Den Stolz darauf trug er stets still in sich, sprach höchstens mal im kleinen Kreis mit einem Schmunzeln im Gesicht davon.

Die Wiedervereinigung hatte noch eine weitere Aufgabe für Heinz Kohring parat: Der Bamberger FC nahm sich des BSV Halle als „Patenverein“ an, und Kohring widmete sich als Mentor mit großer Hingabe dem Aufbau des ehrenamtlich gestützten Kanusports in Halle (in der DDR wurde der Sport bis dahin vor allem durch Betriebe gefördert).

Zum Jubiläumskanutag 1999 unter dem Motto "75 Jahre Bayerischer Kanu-Verband" half er selbstverständlich mit Rat und Tat im Organisationsteam mit. Und er leistete im Vorfeld noch viel mehr als alle anderen: In dreijähriger mühevoller Kleinarbeit trug er das Material für die damals erstellte Chronik zusammen und schrieb den Text dafür, der Kanu- und Zeitgeschichte in engen Zusammenhang stellte. Es war ihm ein tiefes Bedürfnis, mit seiner Erfahrung und aus seinem persönlichen Fundus an seltenen Fotos und Erinnerungsstücken seinen Beitrag zu leisten, und so stellte er sich dem 2005 gegründeten Verein Bayerische Kanu-Geschichte als 2. Vorsitzender zur Verfügung.

Engagement gewürdigt

Dem Kanusport gehörte seine Seele. Kohring hatte sich vom Rennsportler zum leidenschaftlichen Wanderfahrer entwickelt. Bis zum Jahr 2008 war er 15 Mal mehr als 1.000 Flusskilometer in einer Saison gepaddelt. Solange es ihm gesundheitlich möglich war, gehörte für ihn eine mehrtägige Gepäckfahrt fest zum Fahrtenprogramm, und beim Wanderfahrertreffen war er stets mit seiner Frau Irmtraud Stammgast – als geselliger und überall beliebter Sportkamerad, den selbstverständlich jeder mit "du" ansprach. 2001 wurde er mit dem Wanderfahrerabzeichen in Gold V ausgezeichnet.

So unglaublich viel ehrenamtliches Engagement wurde natürlich mit zahlreichen hochrangigen Ehrungen gewürdigt, z. B. mit der Ehrenmitgliedschaft im Deutschen und im Bayerischen Kanu-Verband und als erstes BKV-Mitglied mit der BLSV-Verbandsehrennadel in Gold mit silbernem Lorbeerkranz. 1994 empfing er die Bayerische Ehrenmedaille und Ehrennadel für Verdienste im Sport. Aus Anlass seines 80. Geburtstags verlieh ihm die ICF (Internationale Canoe Federation) für seine langjährigen Verdienste die Olympische Erinnerungsmedaille von Peking – eine seltene Würdigung.

Heinz‘ Humor war legendär – wir werden sein herzhaftes Lachen sehr vermissen. Seine große Persönlichkeit und sein Rat werden uns fehlen. Wir trauern mit seiner Familie und seinen Freunden. Heinz Kohring wird immer seinen Platz bei uns haben, in der Geschichte des Bayerischen Kanu-Verbandes wie in unseren Herzen. Wir sind und bleiben ihm für seine großen Verdienste dankbar – und für seine Freundschaft.

Oliver Bungers
Bayerischer Kanu-Verband, Präsident

P.S.
Die Trauerfeier findet am Freitag, den 21. Juni 2019 um 14.30 Uhr auf dem städtischen Friedhof in der Hallstadter Straße in Bamberg statt.

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