Guide über Bord bei der Trainer C-Fortbildung „Rafting“

Keiner blieb trocken, aber alle wurden schlauer. Das Ziel wurde also voll erreicht, den Spaß gab’s inklusive. Die diesjährige Trainer C-Fortbildung „Rafting und Führungsmethodik im Wildwasser“ auf der Imster Schlucht war also ein voller Erfolg.

Ein spitzer Schrei, ein lautes Platschen – und sieben weit aufgerissene Augenpaare schauen dem Mann im feuerroten Trockenanzug nach. Der ist gerade mit zwei großen Schritten an die Spitze des Rafts gestürmt und geht nun in den blaugrünen Fluten des Inn unter. Was ist passiert? Ist da eben wirklich unser Raftguide über Bord gegangen?

Ja, ist er.

Aber mit Absicht, denn schließlich sollen wir Teilnehmer der Trainer C-Fortbildung „Rafting und Führungsmethodik im Wildwasser“ auch lernen, Schwimmern wieder ins Raft zu helfen. Wie wir das tun sollen, haben uns Jenz Nothaft, der Referent auf unserem Raft, und Leo Grötsch, der das zweite Raft übernahm, vorher gut erklärt. Aber dass er uns das auf diese überraschende Art gleich üben lässt – das hat er nicht verraten. Die Überraschung ist wohl Programm, denn oft verlassen Rafter ja ihr Boot auch ohne vorherige Ansage und der verbleibende Rest muss geistesgegenwärtig reagieren.

Nach dem kurzen Schreckmoment greifen dann auch schon vier Hände nach den Schulterriemen von Jenz‘ Schwimmweste und ziehen ihn beherzt zurück ins Raft.

„Gut gemacht“, grinst Jenz. „So, und wer will jetzt als Erster das Steuer übernehmen?“

Schon wieder schlucken wir Teilnehmer – oder zumindest diejenigen, die noch nie vorher ein Raft geführt haben. Wir sind schließlich nicht auf einem ruhigen Gewässer unterwegs, sondern auf dem Inn durch die Imster Schlucht. Auf den Gesichtern ist die Frage zu lesen: ‚Was, wenn ich dieses dicke Ding nicht an den fetten Löchern hier vorbeimanövriert kriege?‘

Aber Jenz lacht nur. Und tatsächlich wird jeder auf dieser Fahrt einmal selbst ausprobieren, wie es ist, wie sich ein Raft gegenüber einem Kajak verhält.

„Aber ihr könnt eh froh sein“, hatte Peter Fichtner, ebenfalls Referent des Lehrgangs, vorher verkündet, „immerhin habt ihr hier lauter Paddler im Boot, da rührt sich wenigstens was. Das klappt mit Nicht-Paddlern meistens nicht. Ich erinnere mich da an eine Raft-Tour in Ostanatolien …“ Es folgte eine der tausend Geschichten, die er und Lehrgangsleiter Oliver Bungers zu jeder Kajaker-Lebenslage auf Lager haben. Übertroffen wurden die beiden darin nur von BKV-Urgestein und ehemaligem DKV-Sicherheitspapst Hermann Siebold, der als Teilnehmer immer noch eine weitere Story zum Besten konnte und wollte.

Doch selbst mit geballter Paddler-Power reagiert so ein Raft sehr träge, wie jeder von uns an diesem Tag erfährt. Deshalb kommt es einfach ab und zu vor, dass ein Raft einem Kajaker nicht mehr ausweichen kann – es geht einfach nicht. Aber auch das haben wir jetzt verstanden.

Schon am Tag davor gab es etliche Aha-Momente. Auf dem Programm stand Führungstechnik in Theorie und Praxis. Gar nicht so leicht, an alle Punkte zu denken, die man zum Beispiel mit einer Jugendgruppe besprechen sollte, bevor es auf den Bach geht.

Und wieder gab es eine Geschichte aus dem wahren Übungsleiter-Leben von Peter dazu: „Ich erinnere mich da an zwei Brüder, zehn und 15, die am ersten Tag ohne Boot an der Einstiegsstelle standen. Am zweiten Tag ohne Paddel. Und am dritten ohne Helme … Also fragt besser noch vor der Abfahrt die Ausrüstung ab.“ Und er fügte hinzu: „Ich habe für solche Notfälle an der Einstiegsstelle eine Reserve-Kiste dabei. Aber verratet es niemand: Ich habe die selbst auch schon gebraucht.“

Für die praktische Umsetzung der Führungstechnik ging es anschließend in drei Gruppen auf die Imster. Bei herrlichem Wetter und einem entspannt-schönen Wasserstand führten die Übungsleiter, deren Lizenzverlängerung anstand, ihre Gruppen versiert und souverän den Fluss hinunter, gaben Tipps zur Kehrwassertechnik und Anregungen für Bewegungsspiele für die Flachwasserpassagen.

Bis zum Abend wurde das schöne Wetter von einem Gewitterguss abgelöst. Das zwang uns zum Abendessen in der Rafting-Alm nach drinnen. Das wäre ja nicht schlimm gewesen, wenn dort nicht ein Tiroler Alleinunterhalter mit Ziehharmonika mit einem Tisch voll feucht-fröhlich Feiernden um die lautstarke Wette musiziert hätte. Doch der Wetter-Gott hatte ein Einsehen: Nach dem Essen tröpfelte es nur noch, und wir konnten uns in die halboffene Grillhütte des Fankhauserschen Campingplatzes ans Feuer zurückziehen.

Am nächsten Morgen informierte Oliver Bungers über neue Entwicklungen in BKV und DKV sowie über den aktuellen Stand der Corona-Maßnahmen im Sportbetrieb, bevor die beiden Rafting-Referenten das Wort ergriffen. Und bevor es auf die spannende Raftingtour mit dem spritzigen Beginn ging.

Schlussendlich aber kamen alle Teilnehmer und Referenten heil in Haiming an – nach der abschließend Flip-Übung definitiv nicht mehr trocken, aber glücklich. Bei der Abschlussbesprechung waren sich alle einig: Das war eine rundum gelungene Veranstaltung. Ein großer Dank gilt allen Referenten und vor allem dem Organisator Oliver Bungers.

Und noch ein abschließender Tipp an alle Übungsleiter: So eine Fortbildung zur Auffrischung alter und zum Erwerb neuer Kenntnisse lohnt sich nicht nur, weil es dafür die Lizenzverlängerung gibt. Es macht auch richtig Spaß.

Text: Petra Münzel-Kaiser / Fotos: Hermann Siebold, Heike Bubenzer

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