Lehrgang „Großgewässer“ führt auch in Geheimnisse der „Seemannschaft“ ein

Während Tief Arno alles unter Wasser setzt, fahren wir in den Westen. Nach pandemischen Planungskapriolen steht uns zunächst eine Anfahrt von 370 Kilometern bevor. Von oben Wasser, auf den Wiesen Wasser, auf dem Programm Großgewässer.

Sicherheit bei Touren auf großen Wasserflächen wird uns Stefan Andreas Schmidt die kommenden zwei Tage beibringen. Dazu hatte er uns schon vorab in einer Video-Konferenz die ersten Begriffe und Ausrüstungsgegenstände erklärt. Überhaupt ist die Vorbereitung des Lehrgangs ausgesprochen exakt. Packlisten, Übungsaufgabe, Verhaltensregeln, all das gab es, bevor überhaupt feststand, ob, wie und wo der Lehrgang stattfinden kann.

Denn die Staffelsee-Birke war außerplanmäßig in Revision verblieben. Nach zahlreichen Telefonaten, Abfragen und einigem Hin und Her war alles akribisch geplant und das perfekte Revier klar gemacht. Also nehmen wir auch die lange Anfahrt in Kauf und werden viereinhalb Stunden später mit einem großartigen Blick auf den Bodensee und eine Fahrt durch eine malerische Pappelallee belohnt. Allerdings war Tief Arno auch hier aktiv und der Zeltplatz steht größtenteils unter Wasser.

Es ist viel los

Von der Sonne geweckt, geht es anderntags mit gut dosiertem Theorieteil in den Lehrgang. Die zwölf Teilnehmer sind ein ausgesprochen bunter Haufen von Seekajak-Neulingen bis zu erfahrenen Tourenfahrern. Genauso bunt sind die Boote, die bald am Steg aufgereiht sind. Navigation steht auf dem Programm, und ein selbst abgesteckter Kurs soll uns quer über den Untersee zu Riebels Fischküche bringen.

Mit Markus und Kathrin als weiteren Übungsleitern können − wir in drei Kleingruppen aufgeteilt − die Treffsicherheit der Winkel- und Streckenmessungen überprüfen. Es ist viel los auf dem Bodensee, das Wetter ist perfekt. Vorbei an Schilf, Badestränden, Seezeichen und Wasservögeln peilen wir uns unseren Weg auf die Insel Reichenau.

Zu dem Fisch im Bauch gibt es noch ein paar Informations-Happen, bevor uns dann der weitere Weg an verschiedenen Navigationspunkten und interessanten Ausblicken nahe der Liebesinsel zurück zur Zeltwiese auf dem Gelände des Kanu-Clubs Singen bringt.

Egal ob Kompass …

Vor dem Anlanden wird dort der Wiedereinstieg geübt, mit Partner, alleine und mit Paddle-Float. Wie bei anderen Gelegenheiten auch, haben die Übungsleiter immer interessante Erlebnisse und Geschichten parat, sodass die Handgriffe der Übungen schnell plausibel erscheinen und gut einprägsam sind.

Auch unsere unterschiedliche Ausrüstung vergleichen wir immer wieder und probieren sie gegenseitig aus. Egal ob Kompass, Regenhut oder Schleppleine – jeder entdeckt Ausrüstungsgegenstände, die auf die Wunschliste kommen.

Spät ist es geworden. Morgen werden wir früher starten! Aber erst einmal steht gemeinsames Grillen auf dem Programm. Auch hierbei gibt es viele Erzählungen und Reiseberichte.

Das Lehreinheits-Mittagsmenü

Nachts gibt es dann noch einmal Zuschusswasser von oben, der Seespiegel ist seit Donnerstag um 34 cm gestiegen.

Nach dem Frühstück geht es weiter mit Bootskunde. Wir planen die Tagesroute und erfahren von den Geheimnissen der „Seemannschaft“. Beim unvorsichtigen Einstieg in das Boot entsteht ein Kielschaden, dessen Anblick allen nahe geht, so sehr sind wir schon auf gemeinsames Bootsfahren eingestellt. Im Gastgeber-Verein wird ein Ersatzboot gefunden.

Die Fahrt führt uns entlang der Ufer und schließlich über den Zeller See. Die Wolken sind bedrohlich dunkel, die Stimmung verdunkelt sich kurzfristig auch: Eine der Gruppen hat die gestellte Aufgabe anders interpretiert und ist nicht am vorgesehenen Mittagsplatz. Dank Handy und leichtem Nordwind verziehen sich die Eintrübungen jedoch schnell. Schleppleine und Schleppformationen stehen auf dem Lehreinheits-Mittagsmenü.

Im Husky-Schlepp

Der Rückweg wird dann erwartungsgemäß in unterschiedlichen Schlepp-Kombinationen zurückgelegt. „Schön, ich muss gar nichts machen!“ stellt man da fest, wenn man von drei Kajaks im Husky-Schlepp gezogen wird. „Du bist nicht verletzt, du bist nur entkräftet! Paddel locker mit“, kommt die Regieanweisung. 270 Grad, 3,4 km – wir peilen die markanten Säulenbäume am Ufer an und sind bald wieder am Startpunkt in Iznang.

Inzwischen ist wieder die Sonne am Himmel, und das Wasser ist spiegelglatt. Nicht nur mit dem Lehrteam, auch mit dem Wetter haben wir viel Glück. Nur das Zeitmanagement läuft leicht aus dem (Steuer-)Ruder. Aber wen stört das schon, wenn Wetter und Gruppendynamik so passend sind.

Für viele ist das seit Langem die erste Ausfahrt mit einer größeren Gruppe. Dass wir so viel Zeit auf dem Wasser verbringen, ist sehr erholsam. Ein durchwegs gelungenes Wochenende im Boot.

Lisa Huber & Hans-Dietrich Uhl / Fotos: Lisa Huber

Unter https://www.kanu-bayern.de/Ausbildung/Aktuelles/1266/270-Grad-34-km-Saeulenbaeume/ steht neben weiteren Fotos auch ein kleines Video vom Lehrgang.

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