Sicheres Paddeln auf Binnenschifffahrtsstraßen

Mit der Frage „Warum würdet ihr diesen Lehrgang weiterempfehlen?“ eröffnete der Lehrgangsleiter Stefan Andreas Schmidt (SAS) die Kritikrunde am Ende des Sicherheitslehrgangs. Die Antworten zeigten deutlich die Begeisterung aller Teilnehmer*innen: „Der Lehrgang hat meinen Horizont erweitert“ … „wieder Neues dazugelernt“ … Ich hätte mich nie getraut, alleine eine Großschifffahrtschleuse zu befahren. Jetzt weiß ich, wie ich sicher auf Flüssen mit Großschifffahrt paddeln kann.“ „Endlich sind mir die wichtigsten Verkehrszeichen der Binnenschifffahrtsstraßen verständlich.“ „Ein absolutes Highlight war die Fahrt durch Regensburg“. Diese äußerst positive Resonanz lag sicherlich auch an dem immensen Wissen von SAS. Wie ein Teilnehmer treffend bemerkte, war das Gesamtkonzept des Lehrgangs zu 100 % stimmig.

Es hat einfach alle gepasst.

So gab es im Vorfeld des eigentlichen Praxisteils auf der Donau per Internet an zwei Abenden für jeweils rund eineinhalb Stunden einen Theorieteil. An diesen beiden Abenden erarbeiteten die Teilnehmer*innen gemeinsam die rechtlichen Grundlagen und Fachbegriffe des Paddelns auf Binnenschifffahrtsstraßen.

Bug, Backboard, Steuerbord, achtern, Funkellicht, weißes, grünes, rotes Licht, rote Tonnen flussab rechts, grüne Tonnen vom Meer zur Quelle rechts, flussab links. Was ist dann mit den rotgrünen Tonnen, wo gehören diese hin?

SAS schaffte es gekonnt, den für manchen bisher unübersichtlichen Schilderwald an den Ufern von Main, Rhein oder Donau zu entwirren. Trotzdem brummte es anfangs noch etwas im Kopf bei den vielen Begriffen und unterschiedlichen Hinweistafeln. Einige der teilnehmenden Paddler*innen ignorierten bislang die meisten Schilder, da sie der irrigen Meinung waren, dass diese nur für die Berufsschifffahrt von Bedeutung seien. So auch ich.

Bislang war für mich nur das quergestreifte rot/weiß/rote Verbotsschild und die Schilder, die Naturschutzgebiete kennzeichnen, von Bedeutung. Vielleicht noch beim Schleusen das blaue Schild mit der Beschriftung „Sportboote“. Schilder mit einer Zahlenkombination wie zum Beispiel 60/2000 (schwarz umrandet auf weißen Grund) interessierten nicht.

Gerade dieses Schild informiert Wassersportler, dass im Bereich der nächsten 2000 m die motorbetriebenen Schiffe einen Abstand von 60 m zum Ufer halten müssen. Für uns Kanuten eine wichtige Botschaft, denn dies ist ein für uns sicherer Bereich bei Kontakt mit den riesigen Last- oder Hotelschiffen. Mit diesem Wissen schenken die Teilnehmer*innen solchen Schildern jetzt sicherlich mehr Aufmerksamkeit.

Aus der Sicht der Berufsschifffahrt

SAS bereicherte diese beiden Theorieteile mit Filmen aus Sicht von Kapitänen der Lastkähne. Spannend war anzusehen, wie sich diese Schiffe ihren Weg auf den Flüssen suchen. Oft im Gegenverkehr und oft auch verbunden mit Überholmanövern, die uns Paddlern kritische Situationen bescheren können. Gerade hier ist es für uns beruhigend zu wissen, wo sichere Bereiche im Fluss für uns zu finden sind.

Damit dieser Lehrgang nicht zu trocken wurde, ging es am Samstag bei Mariaort auf die Donau. Nach dem ersten Blick aus dem Jugendherbergszimmer wäre ich am liebsten wieder nach Hause gefahren. Nachdem schließlich in Mariaort die 13 Teilnehmer*innen vom TSV Aichach, Naturfreunde Bayreuth, B.E., DTKC München, Straubinger KC, TSV Passau, KC Lindau, DJK Schweinfurt, Bamberger Faltboot Club, KC Ingolstadt und KC Kelheim eintrafen und man sich freudig und neugierig begrüßte, rückte das schlechte Wetter etwas in den Hintergrund.

Gleich von Beginn an fesselte der Lehrgangsablauf. So teilte SAS die Teilnehmer*innen in zwei Gruppen auf. Unsere Gruppe übernahm Sebastian „Bommel“ Gehrig als Gruppenführer, der mit seiner ruhigen Art sofort die Gruppe im Griff hatte. Auch Bommel verfügt über einige Erfahrung, so richtet er am Main seit rund zehn Jahren Paddellehrgänge aus.

Jede/r der Teilnehmer*innen bekam einen sogenannten „Body“ zugeteilt, und beide kontrollierten gegenseitig die Ausrüstung wie Messer, zweites Paddel, Rettungsleine, aber auch den sicheren Sitz der Schwimmweste. Innerhalb der Gruppen wiederum übernahm jede/r wechselweise die Rolle des „Führungsboots“ und „Abschlussboots“, wie auch die Sicherung bei eventuellen Kenterungen.

Flussquerungen im rechten Winkel, um einen sicheren Blick auf den rückwärtigen Bereich zu bekommen, Erklärungen der einzelnen Schilder am Ufer ließen uns den immer wieder einsetzenden Regen vollkommen vergessen. Schon bald erreichten wir die Schleuse Regensburg.

Jede Gruppe schleuste selbstständig durch die Sportschleuse flussab und auch wieder flussaufwärts. Nach der Besichtigung des Borstenfischpasses und der Festlegung der Reihenfolge und Sicherung ging es mit viel Spaß den Borstenfischpass hinunter. Kurz darauf folgte, wie einer der Teilnehmer treffend bemerkte, ein Highlight, nämlich die Fahrt durch Regensburg unter der historischen „Steinernen Brücke“ hindurch.

Großschifffahrtsschleuse

Natürlich paddelten alle wieder gemeinsam zurück zum Startpunkt „Mariaort“. Zuvor jedoch schleuste die Gruppe gemeinsam durch die Großschifffahrtsschleuse, ein eher seltenes Paddelerlebnis. Gut organsiert von SAS, der uns telefonisch hierzu anmeldete. Dem nicht genug, fuhren anschließend alle in Fahrgemeinschaften mit den Pkws zur WSV (Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung) Leitzentrale Regensburg. Diese war eingerichtet wie ein Raumschiff, versehen mit mehreren Bildschirmen, die jede Bewegung auf allen drei Schleusen übertrugen. Rund um die Uhr ist diese Leitstelle von zwei Beamen besetzt.

Auch das gehört dazu: Der spannende Tag fand seinen Ausklang im Prösslbräu der historischen Gaststätte des ehemaligen Klosters Adlerberg. Man kann sagen, dass die Lehrgansleitung in Person des SAS auch hier ein sehr gutes Händchen bewies. Von Wirtshaussterben war hier nichts zu merken. Hier ließen die Teilnehmer nochmals den Tag Revue passieren, und so manche Paddelanekdoten schwirrten über die Tische. Schon jetzt war eine große Begeisterung über den ersten Praxistag zu spüren.

Der Startort der gemeinsamen Paddeltour am zweiten Praxistag war das Wehr bei Poikam nahe Bad Abbach. Die Gruppen blieben die gleichen, jetzt jedoch mit neuer Führung. SAS und Bommel wechselten zur jeweils anderen Gruppe. Auch dies eine geniale Idee, da doch jeder Referent andere Schwerpunkte hat und so alle Teilnehmer*innen vom vorhandenen Wissen und der Erfahrung beider Referent profitieren durften.

Kaum zu glauben: Dieser Tag überraschte uns mit herrlichem Herbstwetter, Indian Summer pur. Ein wahres Vergnügen. Auch dieser Streckenabschnitt war nicht nur wegen seiner wunderbaren Natur perfekt von SAS ausgewählt. So forderten Fähren von uns Paddler*innen eine gewisse Vorsicht vor der jeweiligen Weiterfahrt. Auch der von links einmündende Donaukanal wird durch Schilder, die wir ja jetzt kannten, angekündigt und bedarf einer gewissen Beachtung, ob nicht doch plötzlich ein Schiff auftaucht.

Auch brachte SAS die roten und grünen Tonnen, die die Schifffahrtsstraße markieren, nochmals in Erinnerung. Ebenso wurde die Querung der Schifffahrtstraße im rechten Winkel mehrmals geübt, wie auch das Sammeln der Gruppe mittels aufgerichtetem Paddel, bevor die wohlverdiente Mittagspause anstand.

Sogar der Ort zur Mittagspause war perfekt ausgewählt. Wann kann man schon fast direkt an einem historischen Gasthaus mit Biergarten wie beim Gasthof „Zur Walba“ anlanden. Bei zünftiger Blasmusikbegleitung stärkten wir uns im Biergarten für die restliche Kanutour nach Mariaort.

Wie einer der Teilnehmer bereits während des Lehrgangs richtig bemerkte, zieht schon allein der Name „SAS“. Das Gesamtkonzept des Lehrgangs ist definitiv genial. Zwei Theorieabende, die dazugehörigen Filme über und aus der Sicht der Berufsschifffahrt, das schriftliche Lehrgangsmaterial (Handouts), der von SAS entworfene Sicherheitskompass, der Standort mit den beiden ausgewählten Strecken, der großartigen, in herbstlichen Farben leuchtenden Kulturlandschaft längs der Donau und die zwei außergewöhnlichen Lokalitäten machten aus dem Lehrgang ein unvergessliches Wochenende. Vielen Dank an SAS, Bommel und dem Bayerischen Kanu-Verband.

Text: Eugen Schuhmann / Fotos: Lien Laake-Singer, Guido Kremitzl, Eugen Schuhmann

Infobox:

  • www.kanu-bayern.de/Ausbildung/Informationen/
  • Wassersport auf Bundeswasserstraße zwischen Elbe und Oder (Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Am Propsthof 51-53121 Bonn)
  • Hinweise für Wassersportler Main, Main-Donau-Kanal und Donau (Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Ulrich-von-Hassell-Str. 76-53123 Bonn)

Filme:

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