Fortbildung „Großgewässer“ am Staffelsee 7./8.7.2018

Wanderer, kommst du nach Murnau, verkündige dorten,
du habest uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.
[Frei nach Simonides von Keos in der Übersetzung von Fr. Schiller]
Nun – eine entfernte Ähnlichkeit mit einem antiken Heerlager mag man auf der Großen Birke erkennen, wenn die Paddler dort liegen, wie die Spartaner vor den Thermopylen vor dem Angriff der persischen Armeen. Nur bunter. Und chaotischer. Und entschieden nicht militaristisch.

Drangvolle Enge gab es nicht, auch wenn am zweiten Tag mit 34 Zelten auf der überschaubaren Insel die Höchstgrenze von 35 Zelten fast erreicht war. Von spartanischem Lebenswandel war übrigens nie die Rede, Heerlager hin oder her, auch wenn es auf der Insel selbst außer Wasser und Toilette (von allerdings doch eher spartanischer Art) nichts gibt (nein: keinen Strom, oh Sklaven des Smartphones!).

Wir Paddler verstehen zu leben, und wenn es um den Preis der Vollauslastung der Bootszuladung sein muss. An Vorräten herrschte kein Mangel, vor allem abends, wenn der Lehrplan durchgenommen war. Mittags kurze Brotzeit – niemand hat Lust, Schwimmübungen und Wiedereinstiegstechniken mit vollem Magen zu absolvieren. Abends dann aber ein festliches Mahl, erwärmt auf Gas, Benzin und Spiritus; Feuer leider verboten. An geistige Getränke hatten die meisten gedacht.

Das ideale Revier

Am Abend des Freitags hatten wir die Boote in Murnau zu Wasser gelassen und eine höchst kanadische Landschaft mitten im oberbayerischen blauen Land erlebt. Wie auf höhere Anweisung hin hatte der Regen pünktlich auf 18 Uhr die Arbeit eingestellt und uns in eine leicht dunstige, zutiefst gereinigte Abendluft entlassen, der See glatt wie eine Eisfläche. Ungelogen: so schön ist nicht einmal der Bowron Lake in British Columbia/CN (nur von höheren Bergen umgeben) – zumindest wenn man die übrigen Seen des Bowron-Lake-Circuit außer Acht lässt.

Der Staffelsee – ein Toteissee aus der Würmeiszeit, geformt ausgerechnet vom Loisachgletscher. Nur der Paddler weiß dieses Detail zu würdigen. Gerade einmal 8 Quadratkilometer groß. 22 km misst eine Umrundung auf dem Uferweg zu Rad oder zu Fuß. Und doch: mit sage und schreibe sieben Inseln wunderbar verwinkelt, bildet er das ideale Revier für eine Fortbildung zum Thema „Großgewässer“, was nur für Ortsunkundige ein großes Wort zu sein scheint für einen eher übersichtlichen See in Oberbayern.

Ohne Klimmzüge

Schließlich sollten wir nicht mit Tidenhub, Gezeitenströmen und dem Seegang bei Windstärke 6 auf der Nordsee vertraut gemacht werden. Auf dem Programm standen die Orientierung auf Großgewässern mit Karte, Kompass, und anderen Orientierungshilfen, Führungstechnik, Sicherheitsausrüstung und -technik, vor allem Selbst- und Kameradenhilfe, gerade auch bei Kenterungen auf Großgewässern, namentlich: die verschiedenen Wiedereinstiegs- und Schlepptechniken.

Diese hatte ich mir allesamt als alter, bislang auch auf Großgewässern stets auf die Kenterrolle vertrauender WW-Paddler wesentlich schwieriger vorgestellt. In der Praxis dann die Erkenntnis, dass wirklich jeder halbwegs talentierte Paddler mit nur ein klein wenig Übung zur Fremdhilfe zum Wiedereinstieg inkl. Lenzung des gekenterten Bootes (T-Lenzung) und auch selbst zum Wiedereinstieg in der Lage ist, und zwar ohne größere Klimmzüge. Das geht auch noch in ausgepowertem Zustand, denn bemerkenswerte Anstrengungen sind damit nicht verbunden.

Das Sahnehäubchen

Unsere kleine Teilnehmergruppe war recht wild zusammengewürfelt. Es trafen schwerpunktmäßige WW-Paddler wie ich auf Gelegenheits-Seekajaker, Canadierfahrer mit reichlich Erfahrung, aber Fortbildungsbedarf, auf alte Seekajakhasen. Wie immer profitierte jeder von den Kenntnissen der anderen, die jeweils interessiert aufgenommen wurden. Jetzt weiß ich, dass unter dem Aspekt der Kameradenhilfe auf Großgewässern eine Schleppleine ebenso Pflicht sein sollte, wie auf WW der Wurfsack. Hauptvoraussetzung für einen reibungslosen Wiedereinstieg aber ist die Rundum-Decksleine; ohne eine solche wäre die Sache zweifellos eine echte Herausforderung.

„Wie das Gesetz es befahl“ hatten die Übungsleiter unter uns am Ende des Wochenendes ihre Fortbildungspflicht erfüllt. Eine reine Pflichtübung war es nicht. Eher das, was der Untertitel der Veranstaltung versprochen hatte: ein Sicherheits- und Erlebniswochenende mit großem Gewinn für alle sieben Teilnehmer.

Die Abschlussbesprechung in der wunderschönen, oberbayerischen Gartenwirtschaft in Seehausen gestaltete das Sahnehäubchen zum Schluss. Bedankt seien die Kursleiter Stefan Andreas Schmidt und seine Tochter Kathrin!

Markus Ammann

Fotos: Markus Ammann, Annik Lorenzen

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