Mehr als zufrieden mit dem Abschneiden bei den Deutschen Meisterschaften

Stark hat die deutsche Nationalmannschaft Kanurennsport bei den Olympischen Spielen abgeschnitten: als bester Kanusportverband der Welt – und als bester deutscher Sportverband bei diesen olympischen Sommerspielen. Direkt aus Rio kam das so überaus erfolgreiche Team zu den Deutschen Meisterschaften nach Brandenburg an der Havel eingeflogen und zeigte eine Demonstration der Stärke. So weit, wie Max Hoff im K1 über 1.000 m vor dem restlichen Feld ins Ziel kam, so weit liegt die Weltspitze von der deutschen Nummer 2 oder 3 oder 4 … entfernt!

Die wenigen Sportler/innen aus den Reihen des Bayerischen Kanu-Verbandes (BKV) schienen von solchen Leistungen eigentlich weit entfernt. Und dennoch: Sarah Winter (DRC Neuburg), Bayerns einzige LK-Fahrerin bei der DM, schaffte es in den Endlauf im K1 200 m und maß sich mit den Olympiamedaillen dekorierten Tina Dietze, Steffi Kriegerstein und Sabrina Hering. Zu Beginn hielt die Neuburgerin sogar noch gut mit – aber schließlich waren 200 Meter zu lang, um vorne mithalten zu können.

Wie Phönix aus der Asche

„Wir sind mehr als zufrieden“, lautet das Fazit der Verbandstrainer Egon Wetzel und Norbert Winter zu den Deutschen Meisterschaften im Kanurennsport in Brandenburg an der Havel. Ihre Erwartungen waren trotz der Vorjahreserfolge nicht allzu hoch, denn alle bayerischen Sportler/innen starteten in diesem Jahr eine Klasse höher und mussten also gegen ein Jahr Ältere antreten.

Generell musste sich der BKV also vorhersehbar nach den vielen DM-Medaillen des letzten Jahres in Bescheidenheit üben und sich diesmal nach der Decke strecken … Da fühlte sich das Erreichen eines A-Endlaufs schon fast an wie ein Sieg. Aber da erlebte die kleine Truppe an Sportlern und Betreuern und das stark vertretene BKV-Präsidium (Präsident Oliver Bungers, Ehrenpräsident Willi Rogler und die Vizepräsidenten Michael Schmidt und Tim Neupert) dann doch noch so manche Überraschung: Ganz am Ende der DM glänzten drei bayerische Medaillen in Bronze!

Die erste davon fuhren völlig unerwartet zwei Leistungsklassesportler ein, die die Trainer der restlichen BKV-Mannschaft erst einmal vorstellen mussten: Felix Schober und Simon Krautloher (Schleißheimer Paddelclub) tauchten auf wie Phönix aus der Asche. Völlig neu im bayerischen Kanurennsport – noch dazu im Canadier! – und dann holten sie bei ihrem ersten Einsatz auf einer Deutschen Meisterschaft gleich die Bronzemedaille! Der C2 mit Sebastian Brendel und Jan Vandrey war für sie natürlich nicht erreichbar, aber Schober/Krautloher sind noch jung genug, um die Etablierten demnächst das Fürchten zu lehren! Im C1 schob sich Simon Krautloher mit langen, kräftigen Paddelschlägen noch einmal auf den respektablen 8. Rang.

Knapper Zieleinlauf

Die Herren Junioren taten sich zu Beginn der Meisterschaft etwas schwer: Dem Jugendsportler des Jahres 2015 im Bayerischen Kanu-Verband, Ken Pfeiffer (WSG Kleinheubach), war kein guter vergönnt. Im Einerkajak über 200 m verschnitt er schon in seinem ersten Vorlauf das Paddelblatt – das war es für ihn gewesen, alle Chancen dahin. Auch über 500 m schied er knapp im Vorlauf aus.

Der Zweierkajak mit Partner Lukas Möller (SSKC Aschaffenburg) lief irgendwie nicht rund. Im Rennen über 1.000 m war nach dem Zwischenlauf Schluss, ebenso im Viererkajak über 200 m mit den Neuburgern Florian Egeler und Ludwig Degmayr. Auf der 1000-m-Strecke im K4 erreichten Möller, Pfeiffer und Egeler gemeinsam mit Conrad Bergmann (DRC Neuburg) den 5. Platz. Es war ein soooooooo knapper Zieleinlauf, das Boot schrammte nur etwa eine Sekunde an der Medaille vorbei.

Egeler und Bergmann verschafften sich mit dem 8. Platz im K2/1000 m einen Achtungserfolg. Sie waren direkt vom Sieg in ihrem Vorlauf in den Endlauf durchgerauscht. Florian Egeler erreichte auch im Einerkajak alle Endläufe.

Erst Bronze, dann abgeschossen

Ken Pfeiffer war damit seinen bisherigen Ergebnissen gar nicht zufrieden. Sein Ziel war ganz klar eine Medaille! Aber darauf musste er bis zum letzten Wettkampftag warten. Im Zweierkajak mit Florian Egeler paddelte er im 200-m-Sprint von Anfang an ganz vorne mit. Es wurde fast ein Wimpernschlagfinale – am Ende jubelten die Bayern über die Bronzemedaille!

Alle Last war dem Kleinheubacher sichtbar von den Schultern genommen, als die beiden Athleten bei der Siegerehrung strahlend die verdiente Medaille in Empfang nahmen. Dennoch war es für sie schwer zu verschmerzen, dass ihr K2 auf der Langstrecke schon kurz nach der ersten Wende von der Konkurrenz regelrecht gedreht und „abgeschossen“ wurde. Jede Chance war damit im Keim erstickt – die beiden mussten ihr letztes Rennen aufgeben, das sie so hoffnungsvoll begonnen hatten. Der K2 Ludwig Degmayr/Conrad Bergmann schnitt in diesem Rennen mit dem 10. Platz im Mittelfeld ab.

Auch Lukas Möller hatte dieses Jahr das Glück nicht gerade gepachtet. Im Einerkajak über 500 m wie auch über 1.000 m war der Zwischenlauf für ihn Endstation. Auf der 5.000-m-Langstrecke zeigte er mit dem 7. Platz wieder alte Stärke.

Flott und erfolgreich

Stark schlugen sich auch die Damen Junioren, und eine von ihnen holte mit einer Bronzemedaille die Kastanien aus dem Feuer: Verena Schmidt (DRC Neuburg) kämpfte in allen ihren Einerrennen mit Macht um einen Sieg. Im 1.000-m-Rennen lag sie bis kurz vor der Ziellinie auf dem 2. Platz, aber sie musste sich in letzter Sekunde noch von ihren Konkurrentinnen überholen lassen und erreichte schließlich Holz statt einer redlich verdienten Medaille. Über 500 m gewann sie – allerdings das B-Finale. Mit ihrer Zeit von 2:00.195 wäre sie im A-Endlauf 5. geworden. Auch sie schaffte erst in ihrem letzten Rennen das, wofür sie das ganz Jahr trainiert hatte: Auf der Langstrecke lachte sie schon kurz vor der Ziellinie über ihre sichere Bronzemedaille.

Flott und erfolgreich war auch der Viererkajak unterwegs: Die bayerische Fangemeinde traute ihren Augen kaum, als das Boot der Damen Junioren mit Jessica Schwaab (WSG), Verena Schmidt (DRC), Annika Scheidt (KRV Hof) und Lisa Köstle (KG München) über 500 m von hinten unangefochten als Zweitschnellstes direkt ins Finale durchzog. Auch im 200-m-Sprint erreichten sie in der Besetzung Schwaab, Schmidt, Monika Plesa (DRC), Köstle den Endlauf ungefährdet. Auf beiden Strecken schlug am Ende ein 6. Platz zu Buche. Lisa Köstle beendete ihr Langstreckenrennen auf dem 20. Platz.

„Dabei sein ist alles“ lautet das Olympische Motto – auf deutscher Ebene hängen die Trauben dank der großen Leistungszentren in anderen Bundesländern eben doch ein ganzes Stück höher. Weiter als in den Vor- oder Zwischenlauf ging es oft nicht. Aber es wartete noch ein besonderes Highlight im Zweierkajak mit Sarah Winter (DRC Neuburg) im Rennen der Damen Leistungsklasse über 200 m auf Jessica Schwaab, das die Beiden mit dem 5. Platz beendeten: Die Konkurrentinnen kamen teilweise direkt von den Olympischen Spielen und hießen Tina Dietze, Franziska Weber und Conny Waßmuth! Gleich hochkarätige Konkurrentinnen hatte Sarah Winter auch in ihrem Einerrennen über 200 m. Sie belegte hier den 7. Platz.

Kein Kraut gewachsen

Auf sich aufmerksam machte auch die weibliche Jugend. Annika Scheidt gewann das B-Finale im K1-Sprint, Monika Plesa erreichte im gleichen Rennen den 8. Platz. Auf der Langstrecke kam das Duo Annika Scheidt/Monika Plesa auf den 9. Platz, Fabienne Höfling auf den 15. Rang. Moritz Meinusch (TGW Heidingsfeld, männliche Jugend) fuhr über 5.000 m auf den 15. Platz, Lion Winter (DRC Neuburg) im gleichen Rennen auf Platz 17, Simon Hoiß (DRC Neuburg, Schüler A) über 2.000 m auf Rang 11. Maximilian Karlstetter (KG München) beendete sein Langstreckenrennen in der Herren Leistungsklasse auf dem 16. Platz.

Dass im direkten Vergleich mit Olympiasiegern wie Ronny Rauhe & Co kein Kraut gewachsen ist, mussten auch Marvin Tetz (WSG) und Moritz Ziemlich (SSKC) erfahren. Mehr als ein Ausscheiden mit hoch erhobenem Haupt – wenn auch schon im Vorlauf – war für die Unterfranken da logischerweise nicht drin.

Wenn Erfolge abfärben …

Mit hoch erhobenem Haupt und strahlendem Gesicht ging ein anderes Mitglied der WSG Kleinheubach vom Siegertreppchen, an das im Vorfeld nicht viele gedacht hatten. Denn Bastian Wetzel zog es schon vor zwei Jahren an das Sportgymnasium in Essen. Auch für ihn war im Einerkajak über 500 m im Zwischenlauf Schluss, auf der 1.000-m-Distanz erreichte er den 2. Platz im B-Finale.

Aber am letzten Wettkampftag schaffte er dann das, wovon seine Kleinheubach Kameraden in diesem Jahr träumten: Gold! Mit seinem Zweierpartner holte er bei den Herren Junioren auf der Langstrecke unangefochten den Sieg. Bastian Wetzel ist in Essen gerade in eine Wohngemeinschaft mit dem aktuellen Doppel-Olympiasieger Max Rendschmidt gezogen. Wenn dessen Erfolge auf ihn abfärben, muss sich seine Konkurrenz wohl künftig sehr warm anziehen …

Es gab noch weitere DM-Medaillengewinner, die zwar nach wie vor Mitglied in einem bayerischen Kanu-Verein sind, aber aus verschiedenen Gründen in ein anderes Bundesland gezogen sind. So gewann der Münchner Nico Paufler Gold und Silber für die Renngemeinschaft Baden-Württemberg und die Neuburgerin Carola Schmidt Silber und Bronze für Karlsruhe. Melanie Gebhardt (SV Hof) paddelte für die RG Sachsen im Boot mit Tina Dietze und Steffi Kriegerstein zweimal zu Gold.

Text + Fotos: Uschi Zimmermann

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