„Stopp“ heißt nicht „Anhalten“, sondern zügig vorbeifahren!

Seit 2019 tauchen im Frühjahr an immer mehr Flüssen im bayerisch-tiroler Grenzgebiet gelbe runde Schilder auf. Sie kennzeichnen aktuell genutzte Brutplätze von Kiesbrütern und fordern die Aufmerksamkeit der Kanusportler. Denn: „Stopp“ heißt nicht „Anhalten“, sondern zügig vorbeifahren!

Flussuferläufer und Flussregenpfeifer kehren zu unterschiedlichen Flussuferläufer nutzen strukturreiche Umlagerungsstrecken für die Nahrungsaufnahme, Brut und Jungenaufzucht.Zeiten an unsere alpinen Flüsse aus dem Winterquartier in Afrika zurück. Deshalb sind die Schilder mit unterschiedlichen Zeiträumen beschriftet. Kiesbrüter können nur dort brüten, wo die Flussdynamik ihnen durch Umlagerung von Geschiebe immer wieder neue Brutplätze schafft. In den alpin geprägten Gewässern sind diese Abschnitte eben gerade auch für Wildwassersportler interessant.

Während Wasseramsel und Gebirgsstelze am Gewässerrand an geeigneten Strukturen brüten, legen Kiesbrüter ihre Gelege direkt auf dem Boden an. Da können sie leicht übersehen werden, denn die Eier sind gut getarnt. Wenn nach fast einem Monat Junge schlüpfen, werden diese von den Elternvögeln auf das Leben in der Natur vorbereitet. Die Jungen fressen zwar schon selbständig, müssen aber etwa einen weiteren Monat von den Eltern geführt und anfangs auch gewärmt werden, um nicht verloren zu gehen oder Fressfeinden zum Opfer zu fallen.

Das Aussteigen an der Ammer ist nur an zwei Raststellen erlaubt.Deshalb ist es notwendig, dass Brut- und Aufzuchtsbereiche für einen überschaubaren Zeitraum von Land und Wasser aus nicht betreten werden. Beim Bootfahren sollte man also bei einem Stoppschild nicht anhalten, sondern sich zügig weiterbewegen und nicht lange dort üben oder auf Mitfahrer warten.

Das Aufstellen der Schilder ist eine Kompromisslösung von Naturschutz und Erholungsnutzung, um die Flussabschnitte, an denen die gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Vogelarten brüten, nicht ganz sperren zu müssen. Hierzu haben sich der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV), die Naturpark Tiroler Lech und Karwendel und das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen im EU-INTERREG-Projekt AB179 „Vielfältiges Leben an unseren Gebirgsflüssen“ zusammengeschlossen. Ranger, Naturschutzwächter, ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter dieser Organisationen stellen zur Ankunft der Vögel die Schilder auf. Wenn die Brut abschlossen ist, werden die gelben Schilder wieder entfernt. Momentan wird das Projekt an Ammer, Halblech, Loisach, Iller, Isar (von der Quelle bis nach München), Tiroler Rißbach und Tiroler Ache (auf bayerischer Seite) durchgeführt.

Sehr wahrscheinlich werden sich noch andere Institutionen anschließen, um eine bayernweit einheitliche, leicht erkennbare Beschilderung zu erreichen. Neben der Abstimmung mit Behörden, Tourismusverbänden, Weidegenossen und kommerziellen Outdoor-Anbietern findet auch schon seit Langem eine Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Kanu-Verband statt. Ziel ist ein respektvolles Miteinander von Mensch und Natur, so wie es sich das INTERREG-Projekt zum Ziel gesetzt hat.

Text + Fotos: Michael Schödl, LBV

Kanusport und Naturschutz

Der Bayerische Kanu-Verband wird in der Öffentlichkeit häufig als Leistungssportverband wahrgenommen. Dass aber im Verband 90 % aller Mitglieder das Paddeln auf Flüssen und Seen in ihrer Freizeit ohne Wettkampf ausüben, ist nur wenig bekannt.

Unsere Mitglieder sind sich bewusst, dass die Gewässer, die sie nutzen, sensible und wertvolle Bestandteile der Natur sind. Um die Sensibilität der Mitglieder im Verband und in den Vereinen ständig wach zu halten, erfolgen Schulungen in Ökologie und Sicherheit. Die Verbandsführung ist deshalb auch an einem guten Verhältnis zu den Naturschutzverbänden interessiert.

Eine ausgesprochen positive Zusammenarbeit hat sich in den vergangenen Jahren mit dem Landesverband für Vogelschutz ergeben. Gemeinsam vereinbarte Raststellen an sensiblen Gewässern (z. B. Ammerschlucht) und laufende Konsultationen kennzeichnen das gegenseitige Vertrauen. Hervorzuheben ist das gemeinsame Auftreten unserer Verbände bei Aufklärungsaktionen unkundiger Schlauchbootfahrer an der Isar im Vorfeld der inzwischen erlassenen Verordnung. Zudem war der LBV der einzige Naturschutzverband, der die Rampenstudie des BKV unterstützt hat.

Rolf Renner

Zurück zur Übersicht