Vereine und Institutionen für den Schutz der oberen Isar

Die Obere Isar gilt als Deutschlands letzter naturnaher Wildfluss. Zwischen Mittenwald und Sylvensteinspeicher liegt eine der naturschutzfachlich wertvollsten Flächen Bayerns und Deutschlands. Seltene Flusslebensräume, die durch die europäischen Richtlinien Natura 2000 und Wasserrahmenrichtlinie geschützt sind, und mehr als 200 Rote-Liste-Arten zeigen die große Bedeutung des Flussabschnitts für die Natur in Bayern. Doch seit fast hundert Jahren verursacht das Walchenseekraftwerk erhebliche Schäden an diesen einzigartigen Ökosystemen, da ein Großteil des Wassers zur energetischen Verwertung in den Walchensee abgeleitet wird.

Nachdem die Konzession zur Energieerzeugung Vertreter*innen der Organisationen, die künftig zum Schutz der Oberen Isar zusammenarbeiten - Foto: Michael Schödljetzt ausläuft, muss für die künftige Nutzung in einem Wasserrechtsverfahren eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden. Dadurch besteht die einmalige Chance, die Obere Isar wesentlich besser vor den negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung zu schützen und eine positive Entwicklung der Isar zu ermöglichen. Eine Gruppe von Vereinen und Institutionen hat sich deshalb formiert, um einen offenen Planungsprozess einzufordern, Forderungen an den künftigen Betrieb zu stellen und die zur Neukonzession erforderlichen Prozesse zu begleiten. Die besten Voraussetzungen für einen ökologischen Betrieb sehen die Organisationen im Eigenbetrieb durch den Freistaat Bayern.

Die enormen Schäden und Probleme, die die Wasserkraftnutzung des Walchenseekraftwerk-Systems seit rund hundert Jahren am einzigartigen alpinen Wildfluss der Oberen Isar verursacht, sind der Öffentlichkeit kaum bewusst. Bekannter ist das Kraftwerk selbst, das deutschlandweit als ingenieurtechnisches Meisterwerk und Industriedenkmal gilt. Mit seinen meterdicken Röhren ist es weithin sichtbar am idyllischen Kochelsee, einem beliebten Ausflugsziel, gelegen.

Doch durch die Wasserkraftnutzung haben viele seltene Tier- und Pflanzenarten große Teile ihrer Lebensräume an der Isar verloren. Durch Ausleitungen von Wasser aus der Isar und ihren Nebengewässern zum Walchenseekraftwerk-System und dem in der Folge erforderlichen Bau des Sylvensteinspeichers (Niedrigwasseraufhöhung) wurden die Wildflüsse ihrer Kraft und Dynamik beraubt.

Typische Prozesse, wie die Umlagerung von Kies im Flussbett und das dadurch bedingte Vergehen und Neuentstehen von Wildfluss-Lebensraumstrukturen, finden nur noch eingeschränkt statt. Die Folge ist, dass Wildfluss-Arten verschwinden, die an die Dynamik angepasst bzw. auf diese angewiesen sind. Gefährdete Raritäten wie die Äsche, der Flussuferläufer, die Gefleckte Schnarrschrecke oder die Deutsche Tamariske sind massiv durch die Wasserkraft bedroht.

Der Freistaat Bayern lässt die bestehenden Wasserrechte für das Walchenseekraftwerk-System zum 30.09.2030 auslaufen und möchte neue Nutzungsrechte vergeben. Somit besteht die einmalige Chance, notwendige und längst überfällige Verbesserungen für die Natur zu erreichen. Damit der Schutz der Oberen Isar und ihrer Nebengewässer künftig bestmöglich gewährleistet wird und Erfordernisse des Naturschutzes stärker als bisher berücksichtigt werden, haben sich zwölf Naturschutz- und Nutzerorganisationen zur Zusammenarbeit formiert. Ziele der Vereine und Verbände sind der Schutz und die Förderung des guten ökologischen Zustands der Oberen Isar mit Nebengewässern, ihrer Auenlandschaft sowie der isartypischen Arten- und Lebensraumvielfalt.

Bis jetzt beteiligen sich folgende Organisationen: Bayerischer Kanu-Verband, Bund Naturschutz Bayern, Deutscher Alpenverein, Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V., Landesfischereiverband Bayern, Naturfreunde Deutschland, Isartalverein, Münchner Forum, Notgemeinschaft „Rettet die Isar jetzt“, Verein zum Schutz der Bergwelt sowie der WWF Deutschland und der Dachverband CIPRA Deutschland.

Die Organisationen begrüßen den ersten wichtigen Schritt des Freistaats Bayern, die Wasserrechte für das Walchenseekraftwerk-System neu zu verhandeln. Sie sehen aber die dringende Notwendigkeit, naturschutzfachliche Aspekte in einer möglichen künftigen Konzession wesentlich stärker als bisher zu berücksichtigen.

Als nächstes werden die Vereine und Verbände gemeinsam konkrete Forderungen an das ausstehende Konzessionierungsverfahren und zum künftigen Kraftwerksbetrieb vorlegen. Dies werden Forderungen zur Steigerung der Dynamik sein, ebenso wie Forderungen, welche Untersuchungen aus Sicht des Naturschutzes erforderlich sind, um besser beurteilen zu können, wie der künftige Betrieb gestaltet sein muss, um weitere Schäden am Wildfluss-Ökosystem der oberen Isar zu verhindern bzw. bei der Neugenehmigung solche Schäden zu beheben oder auf andere Weise Verbesserungen zu erzielen. So wie die Forderungen der Verbände rein naturschutzfachlich orientiert sind, müssen auch das Genehmigungsverfahren und der künftige Betrieb in jedem Fall die Anforderungen von Natura 2000 und der Wasserrahmenrichtlinie in vorbildlichem Umfang erfüllen.

Wichtig ist den Isar- und Naturschutzexperten der Organisationen dabei, dass die erarbeiteten Forderungen faktenbasiert und naturschutzfachlich begründet sind. Sie sollen im Herbst an die zuständigen Genehmigungsbehörden und die Öffentlichkeit gegeben werden, um einen Dialog zu beginnen.

Pressemitteilung: Fabian Unger, LBV-Projektkoordinator für Isar und Loisach im Projekt Alpenflusslandschaften

Foto: Vertreter*innen der Organisationen, die künftig zum Schutz der Oberen Isar zusammenarbeiten - Bildautor: Michael Schödl

Zurück zur Übersicht