Immer noch, immer wieder: Demo für eine frei fließende Salzach

Noch sind die Pläne nicht vom Tisch, den langen, noch unverbauten Flussabschnitt auf der Salzach auch noch durch ein Querbauwerk und ein Wasserkraftwerk zu verrammeln. Deshalb trafen sich auch dieses Jahr am 12. Juli Paddler, SUPler und andere Naturschützer zur Demofahrt mit Kundgebung – für eine frei fließende Salzach.

„Das wievielte Mal findet die Demofahrt statt?“, richtete Prof. Hubert Weigert seine Frage an Karin Fraundorfer, die unermüdliche Organisatorin der Veranstaltung, auf dem Weg zum Einstieg. Der ehemalige Vorsitzende des BUND Naturschutz ist ein gern gesehener und regelmäßiger Gast und Redner bei der Salzach-Demo. Die Salzach und ihre Wiederherstellung als Naturfluss liegen ihm sehr am Herzen.

„Eigentlich wäre es die zehnte Fahrt. Aber nachdem wir letztes Jahr wegen Corona absagen mussten, ist es tatsächlich erst die neunte“, antwortet Karin Fraundorfer. „Allerdings ist die Tradition noch viel älter.“

Aus seinem Korsett befreit

Es war nämlich 1964, als die ersten Kanuten sich mit einer Demofahrt für die Salzach stark machten.

Bei der Kundgebung wird Dr. Astrid Rössler sagen: „Als ich vor vielen Jahren das erste Mal hier dabei war, dachte ich: Das Thema ist spätestens in zwei oder drei Jahren erledigt. Da habe ich mich getäuscht.“ Die ehemalige Landeshauptmann-Stellvertreterin von Salzburg, heute Abgeordnete im Nationalrat, hatte sich auf österreichischer Seite mit viel Herzblut für die Renaturierung der Salzachauen eingesetzt – mit Erfolg.

„Aber heute,“ wird sie fortfahren, „als ich von der Plätte aus gesehen habe, dass auch auf diesem Abschnitt die Uferbefestigung entfernt und der Fluss aus seinem Korsett befreit wird, wurde mir ganz warm ums Herz.“

Das Damoklesschwert

Tatsächlich ist das Wasserwirtschaftsamt Traunstein in Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden dabei, auf vier Kilometern Länge die sogenannte Ufersicherung zu entnehmen, damit wieder eine natürliche Flusslandschaft entstehen kann. Diese „No Regret“-Maßnahmen können unabhängig davon durchgeführt werden, ob ein Querbauwerk gebaut werden soll oder nicht. Diese Entscheidung ist für Ende diesen Jahres angekündigt.

Wobei sich in den letzten Monaten ein Silberstreif am Horizont andeutet: Das Wasserwirtschaftsamt ist in der Prüfung, ob eine Querverbauung in Form eine Sohlrampe wirklich nötig ist. Denn lange Jahre hieß es, diese sei unumgänglich, weil der Fluss sich so tief in die Sohle eingegraben habe. Aber: Offensichtlich zeigen die Renaturierungsmaßnahmen auf österreichischer Seite Wirkung. Der Fluss bringt wieder mehr Geschiebe mit, sodass der Fluss sich nicht weiter eingräbt.

Noch aber schwebt das Damoklesschwert über der Salzach. Deshalb hat der Bayerische Kanu-Verband auch 2021 diese Protestveranstaltung organisiert mit Unterstützung von BUND Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz. Wie jedes Jahr durften die Ehrengäste die Plättenfahrt von Tittmoning bis Burghausen genießen, begleitet von vielen Paddler und einer stattlicher Gruppe Stand-up-Paddler in leuchtenden Warnwesten.

Sehr wichtig!

Danach trafen sich alle Teilnehmer im Rathaus zur Kundgebung – das Wetter war zu unbeständig. Der Andrang war groß, sodass etliche Interessierte draußen bleiben mussten. Sie konnten aber über Lautsprecher die Reden verfolgen. Zunächst begrüßte der neue 1. Bürgermeister von Burghausen, Florian Schneider, die Anwesenden. Er versicherte, dass er – wie sein Vorgänger Steindl – alle Bemühungen um eine naturnahe Salzach weiterhin unterstützen werde.

Oliver Bungers, Präsident des Bayerischen Kanu-Verbandes, begann seine Rede mit der Ökoschulung des Deutschen Kanu-Verbandes: Gleich die erste Frage der Abschlussprüfung befasst sich damit, wie wichtig die Renaturierung von Flüssen für das gesamte Ökosystem ist. Die richtige Antwort: Sehr wichtig!

In diesem Sinne sei es nicht zu verstehen, dass immer noch mehr Querverbauungen und Wasserkraftwerke geplant werden, statt die bestehenden auf ein vernünftiges, weil effizientes Maß zu reduzieren.“ Von Minister Glauber habe er persönlich die Aussage gehört, dass der sich gegen immer neue Querverbauungen einsetzen werde – und Oliver Bungers sagt: „Daran werden wir ihn erinnern!“

Der Natur eine Stimme geben

Dr. Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz stellte fest, dass zwar viele Forderungen der Naturschutzverbände inzwischen in der Politik angekommen sind – aber leider nur auf dem Papier. Deshalb seien Veranstaltungen wie diese so wichtig, denn sie beweisen, dass die Bürger nicht mehr locker lassen werden.

Beate Rutkowski, Stellvertreterin von Richard Mergner, dem Landesvorsitzenden des Bund Naturschutz in Bayern, verwies darauf, dass Flussrenaturierung nachweislich zum Klimaschutz beiträgt, weil zum Beispiel Auen mehr CO2 speichern können als gestaute Flüsse und sie zur Regulierung des Wasserhaushaltes beitragen.

Moritz Angstwurm, Vertreter der Jugendorganisation des BUND Naturschutz, forderte, der Natur eine Stimme zu geben. Seine Generation kenne kaum noch unverbaute Flüsse – und wenn es so weitergeht, kennt die nächste Generation gar keine mehr.

Gegen Naturzerstörung

Dann war es so weit: Karin Fraundorfer kündigte voller Stolz und mit feuchten Augen einen ganz besonderen Gast an: Hans-Jürgen Buchner, Gründer von Haindling, trat ans Mikrofon. Er sei seit 50 Jahren Mitglied beim BUND Naturschutz, und er habe sich von Karin Fraundorfer überzeugen lassen, dass die Bewahrung der Salzach ein wichtiges Anliegen ist. Deshalb sei er gekommen.

Er setzte sich ans Keyboard, improvisierte frei und sprach über den Irrsinn, den er überall beobachtet: über die Gier, den Flächenverbrauch, die Naturzerstörung. Das Publikum lauschte mucksmäuschenstill. Auf die Melodie von „What a wonderful world“ sang er ein Lied für die Salzach, spielte ein Stück auf der Trompete und bedankte sich bei allen Anwesenden für ihr Engagement für die Salzach. Mit dem donnernden Abschluss-Applaus endete dann auch die Veranstaltung.

Wenn es ganz gut läuft, muss die Demofahrt für die frei fließende Salzach nur noch ein einziges Mal stattfinden: Nächstes Jahr als Freudenfahrt, falls die Verbauungspläne dann endgültig ad acta gelegt sind und eine Renaturierung aktiv angegangen wird. Sicher ist das leider nicht, aber etwas anderes ist sicher: Wir werden nicht lockerlassen, bis es so weit ist!

Petra Münzel-Kaiser

Hier der Link zum Film über die Salzach-Demo

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