Weltmeisterschaften Kanuslalom ohne deutsche Medaille

Irgendwie liefen die Kanuslalom-Weltmeisterschaften in Lee Valley London gar nicht nach Wunsch der Deutschen. In keiner Slalom-Disziplin konnte das deutsche Team eine Medaille einfahren. Aber zumindest konnten die Kanu Schwaben Elena Lilik (4. Platz C1 Damen) und Sideris Tasiadis (8. Platz C1 Herren) Olympia-Quotenplätze für Deutschland holen – das „Minimalziel“.

Das beste Ergebnis aus deutscher Sicht lieferte Elena Lilik mit Rang vier im Einer-Canadier der Damen. Damit erkämpfte sich die 25-Jährige von den Kanu Schwaben Augsburg einen Bonuspunkt für die nationalen Ausscheidungen im Frühjahr 2024, wenn es um die Olympia-Tickets geht. „Ich wollte ins Finale fahren, das habe ich geschafft“, sagte Lilik. Sie war gut in das Rennen gestartet, doch eine Torstabberührung brachte sie etwas aus dem Konzept, so dass der Abstand mit 5,72 Sekunden zur Siegerin Mallory Franklin aus Großbritannien dann doch recht deutlich ist. Weltmeisterin Andrea Herzog (Leipziger KC) kassierte wegen eines nicht korrekt befahrenen Tores eine 50-Sekunden-Strafe. Silber ging an deren Landsfrau Kimberley Woods. Bronze holte die Australierin Jessica Fox.

Sideris Tasiadis konnte sich mit dem achten Platz keinen Bonuspunkt erkämpfen. Doch das sei auch nicht sein vordergründiges Ziel gewesen. Er war zur Titelverteidigung angetreten. „Das war für mich meine Mission“, sagte er. Entsprechend sei er auf Risiko gegangen. Bis zur Halbzeit war der 33-Jährige auch sehr gut unterwegs. Bis Tor 16 war noch ein Podestplatz drin. „Mit vier Strafsekunden ist klar, dass man nicht unter die besten Sechs fahren kann“, sagte er. Doch das hätte er schaffen müssen. „Es ist mittlerweile alles so eng beieinander, dass man auch ein Risiko eingehen muss, um unter die ersten Drei zu fahren.“ Gold, Silber und Bronze gingen an den Slowenen Benjamin Savsek, den Franzosen Nicolas Gestin und Paolo Ceccon aus Italien.

Bereits im Halbfinale war Franz Anton, der WM-Dritte von Augsburg 2022, als 15. ausgeschieden. Den Endlauf der Top-Ten verpassten zudem Timo Trummer (KV Zeitz) und Nele Bayn (Leipziger KC) mit den Plätzen 18 und 24.

Im Kajak-Einer der Damen lagen alle Hoffnungen auf Olympiasiegerin und Doppel-Weltmeisterin Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach). Doch die Wahl-Augsburgerin fand nicht gut in den Finallauf. In der letzten Welle verlor sie dann noch kurz ihr Paddel – in jener Welle, die Elena Lilik im Halbfinale zum Kentern brachte –, weshalb sie das letzte Aufwärtstor nicht gut befahren konnte und noch einmal wertvolle Zeit liegen ließ. Am Ende wurde sie Siebte.

Elena Lilik (KS Augsburg) lag im Kajak-Halbfinale bis zum letzten Tor auf Finalkurs. Bei der Anfahrt auf Tor 23 jedoch geriet ihr Boot in eine Welle und sie kenterte. Nach Sekunden steuerte die Augsburgerin das Aufwärtstor noch einmal an, verlor aber viel zu viel Zeit und schied als Halbfinal-24. aus. Gold, Silber und Bronze gingen an die Australierin Jessica Fox, Eliska Mintalova aus der Slowakei und Klaudia Zwolinska aus Polen.

Den deutschen Kajak-Herren war es nicht gelungen, in den Endlauf zu paddeln. Bester Deutscher war Hannes Aigner (Augsburger KV) als 29. Diese Platzierung reichte aber nicht für einen Olympia-Quotenplatz. Somit wird Deutschland bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris im Kajak-Herren-Bereich nicht vertreten sein. Denn auch der zwölfte Platz bei den European Games von Aigner reichte nicht. Dieser Kontinentalplatz geht an Österreich. Der zweite Halbfinalist, Stefan Hengst (KR Hamm), war deutlich an einem Tor vorbeigefahren und landete mit 50-Strafsekunden auf Rang 37. Die Podestplätze gingen an den Briten Joseph Clarke, Jiri Prskavec aus Tschechien und Mathis Soudi aus Marokko.

Die jeweils dritten deutschen Kajakboote mit Noah Hegge (KS Augsburg) und Jasmin Schornberg (KR Hamm) waren bereits in den Qualifikationsläufen ausgeschieden.

Die Ausbeute in den Team-Wettbewerben war auch nicht besser: Zwei sechste Plätze durch die Canadier-Teams der Damen und Herren sowie Rang sieben durch das Herren-Kajak-Team, die K1-Damen paddeln auf den achten Platz.

Cheftrainer Klaus Pohlen sagte nach dem verpassten Quotenplatz: „Wir sind schon etwas geschockt. Wir hatten uns durchaus gute Chancen ausgerechnet.“ Jetzt werde bis Paris 2024 der Fokus verstärkt auf den Kajak-Cross bei den Herren gelegt werden. Denn beim Weltcup in Prag im nächsten Jahr werden insgesamt noch drei Quotenplätze für diese Disziplin ausgefahren. „Da haben wir noch eine Chance und sind auch stark aufgestellt. Das müssen wir jetzt nutzen.“

Generell zu den Ergebnissen meinte er: „Wir müssen nun jeden Stein umdrehen, uns fragen, ob wir alles in der Vorbereitung richtig gemacht haben.“ Zur Einordung sagte Pohlen aber auch, dass er Aigner seinen Respekt zolle, „dass er mit so einer starken Bauchmuskelverletzung, die wirklich massiv war, sich die ganze Saison gequält hat. Teilweise ist er auch unter starken Schmerzen bei Wettkämpfen an den Start gegangen.“ Und bei der aktuellen internationalen Kajak-Herren-Konkurrenz sei die Leistungsdichte so extrem, „da kann ich mir nicht leisten, etliche Wochen Trainingsausfall zu haben, um vorne mitzufahren.“

Als Fazit zu den Slalom-Wettkämpfen insgesamt – Kajak und Canadier – sagte Pohlen kritisch: „Keiner war in der Lage, seine Leistungsfähigkeit abzurufen.“ Jetzt werde analysiert, woran es gelegen haben könnte. „Ausschließen kann ich, dass wir nicht häufig genug hier in London waren.“

Text + Fotos: Uta Büttner

Live-Ergebnisse:
https://www.canoeicf.com/canoe-slalom-world-championships/lee-valley-2023/results

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